Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Abfindung des Arbeitnehmers trotz Eintritt des Rentenalters

Abfindung des Arbeitnehmers trotz Eintritt des Rentenalters

Deutsche Regelung

In Deutschland besteht die Möglichkeit Klauseln in den Tarifvertrag aufzunehmen, wonach Beschäftigungsverhältnisse auch ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt enden, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann. Gesetzesgrundlage für die Errichtung derartiger Klauseln ist § 10 S. 3 Nr. 5 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), der ausdrücklich vorsieht, dass eine solche Klausel keine unzulässige Altersdiskriminierung darstellt.

Dies bedeutet also, dass im Tarifvertrag Klauseln verwendet werden können, wonach das Arbeitsverhältnis automatisch mit Ablauf des Monats endet, in dem der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung seiner Altersrente geltend machen kann, sprich mit Vollendung des 65. Lebensjahrs.

Die Klage einer Reinigungskraft vor dem Arbeitsgericht Hamburg gab Anlass zur Vorlage an den EuGH, da der Klägervertreter der Ansicht war, dass die deutsche Regelung des AGG gegen die Alterdiskriminierungsrichtlinie der EG verstoße. Der Klägerin wurde von Seiten ihres Arbeitgebers das Ende ihres Arbeitsverhältnisses mitgeteilt, da sie das 65. Lebensjahr vollendet hatte.

Der EuGH entschied allerdings durch Urteil vom 12.10.2010 (Az.: C – 45/09), dass aus europarechtlicher Sicht keinerlei Bedenken gegen die gesetzliche Regelung und damit gegen die Altersgrenze in Arbeitsverträgen bestehe. Im konkreten Fall argumentierte der EuGH damit, dass dem Arbeitnehmer die Möglichkeit des Bezugs einer Rente verschafft werde. Dadurch ergebe sich letztlich ein finanzieller Ausgleich zugunsten des Arbeitnehmers

 

Spanische Regelung

Eine entsprechende Regelung findet sich auch in den spanischen Arbeitsgesetzen. Nach der Zehnten Zusatzbestimmung des Arbeitnehmerstatuts (ET) ist es ebenfalls grundsätzlich möglich, Klauseln in den Tarifvertrag aufzunehmen, welche das automatische Erlöschen von Arbeitsverhältnissen für den Fall des Erreichens des Rentenalters des Arbeitnehmers vorsehen.

Überraschenderweise erklärte der oberste Gerichtshof Spaniens mit Urteil vom November 2012 eine Kündigung, welche auf einer Zwangspensionierung beruhte für rechtswidrig. Der oberste Gerichtshof hob damit im Wege der Revision, die Urteile des Arbeitsgerichts sowie des „Tribunal Superior de Justicia de Madrid“ auf, welche die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines bei einer Hochschule angestellten Arbeitnehmers, der im Alter von 65 Jahren entlassen wurde, als rechtskonform ansahen.

Der Tarifvertrag des Arbeitnehmers sah zwar unter Artikel 30.3 grundsätzlich die Entlassung in den Zwangsruhestand bei Erreichen des genannten Alters „als Mittel im Rahmen einer umfassenden Beschäftigungspolitik die der Unterstützung des Personals im Rentenalter dient“ vor.

Allerdings hing die Wirksamkeit dieser Klausel im Tarifvertrag noch von weiteren Voraussetzungen ab. So muss beispielsweise die Versetzung in den Zwangsruhestand in Einklang mit den Zielen der Beschäftigungspolitik stehen, welche eben durch den Tarifvertrag vorgesehen sind.

Der oberste Gerichtshof stellt hier klar, dass die Zwangspensionierung nicht bereits deshalb als wirksam angesehen werden kann, nur weil sie im Tarifvertrag so vorgesehen ist.

Selbst wenn die Zwangspensionierung im Ergebnis dazu führt, dass notwendigerweise ein neuer Arbeitnehmer als Ersatz für den in den Ruhestand entlassenen eingestellt werden müssten, reiche dies nicht aus, um die vom Gesetz über die Rechte der Arbeitnehmer geforderten Anforderungen als erfüllt anzusehen.

In diesem Zusammenhang wies der oberste Gerichtshof auf seine frühere Entscheidung vom 14.10.2009 hin. Dort vertrat er die Auffassung, „dass die Ziele des Gesetzes nicht bereits dadurch erreicht werden, dass durch die Pensionierung von Arbeitnehmern Arbeitsplätze entstehen, die dann von neuen Arbeitnehmern eingenommen werde können. Denn letztlich führt dies zu keinerlei Verbesserung der Beschäftigungssituation, da schlichtweg nur ein Austausch von Arbeitnehmern stattfindet. Davon profitieren kann lediglich der Arbeitgeber, wenn er dies nutzt um seine Kosten zu senken“.

Fazit:

Wie gesehen sind den beiden Rechtsordnungen Klauseln über die Zwangspensionierung von Arbeitnehmern keineswegs fremd und tauchen in beiden Ländern auch regelmäßig in Tarifverträgen auf.

Die Rechtssprechung in Spanien setzt allerdings die Hürde hinsichtlich der Wirksamkeit einer auf dieser Klausel beruhenden Kündigung höher. Die finanziellen Folgen können insbesondere bei langjährigen Arbeitsverhältnissen und daraus resultierenden Abfindungs- oder Entschädigungsansprüchen dramatisch sein.

 

©2013 Verfasser: Frank Müller, Rechtsanwalt, Abogado, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

 

zum Beitrag Arbeitsrecht Spanien

 

20. November 2013 von Frank Dieter Müller
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