Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Reform im spanischen Arbeitsrecht

Eilmaßnahmen Reform im spanischen Arbeitsrecht

Reform im spanischen ArbeitsrechtNachdem bereits am 31. Dezember 2011 im Staatsanzeiger die „Königliche Rechtsverordnung 20/2011 über Eilmaßnahmen in Haushalts-, Steuer- und Finanzmaterien zur Korrektur des öffentlichen Defizits“ mit beachtlichen Auswirkungen im spanischen Steuersystem veröffentlicht worden war, wurden nunmehr auch im Arbeitsrecht Spanien Eilmaßnahmen zur Reform des Arbeitsmarktes mittels am 11. Februar 2012 im Staatsanzeiger veröffentlichtem Königlichen Dekret 03/2012 in Gang gesetzt, welches dem Abgeordnetenkongress zur Debatte und Abstimmung am 3. März 2012 vorlagen und im Eilverfahren dort als Gesetzprojekt beschlossen und im Staatsanzeiger am 13.03.2012 veröffentlicht wurde.

Die wesentlichen Neuerungen im spanischen Arbeitsrecht werden nachfolgend aufgeführt:

Neuerungen Vertragsmodalitäten Reform im spanischen Arbeitsrecht

Ausbildungs- und Lehrverträge

Solange die Arbeitslosenquote über 15 % beträgt, wird das Höchstalter für den Abschluss eines Ausbildungs- und Lehrvertrages auf 30 Jahre festgelegt (zuvor 25 Jahre).

Die Vertragsdauer beträgt mindestens ein Jahr und maximal drei Jahre (zuvor zwei Jahre).

Nach Abschluss einer Ausbildung in einer Tätigkeit, kann der Arbeitnehmer diesen Vertragstypus auch für eine Tätigkeit in einem anderen Sektor nutzen und damit seine Aussichten auf Beschäftigung verbessern.

Die Ausbildung kann der Arbeitnehmer im Betrieb erhalten, soweit dieser über die nötigen Anlagen und Ausbilder verfügt.

Maßnahmen zur Förderung von unbefristeten Arbeitsverträgen

Schaffung eines neuen unbefristeten Arbeitsvertrages, der sich an Unternehmen mit 50 Mitarbeitern oder weniger richtet und sich auf  Vollzeitstellen bezieht.

Die Dauer der Probezeit beträgt bis zu einem Jahr.

Es wird eine Steuervergünstigung in Höhe von 3.000 € für Unternehmen geben, die ihren ersten Mitarbeiter unter 30 Jahren einstellen.

Hinzu kommt eine 50 %-ige steuerliche Abzugsfähigkeit der Arbeitslosenleistungen für während der Dauer eines Jahres angestellte Arbeitnehmer.

Der Arbeitnehmer kann einen neuen Arbeitsvertrag abschließen und trotzdem gleichzeitig 25 % seines Arbeitslosengeldes erhalten.

Es wird auch Vergünstigungen bis zu 3.600 € im Bereich der Jugendarbeitsmaßnahmen geben, um die Einstellung von 16 bis 30 Jahre alten Arbeitslosen zu ermöglichen, da deren Anzahl eine Quote von 50 % erreicht hat.

Die Einstellung von Langzeitarbeitslosen über 45 Jahre wird mit bis zu 4.500 € gefördert.

Der Arbeitnehmer muss für mindestens drei Jahre ab Beginn des Arbeitsverhältnisses  angestellt werden. Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht sind die erhaltenen Vergünstigungen zurückzuerstatten.

Als Nichterfüllung wird die als rechtmäßig erklärte oder anerkannte Entlassung unter folgenden Voraussetzungen nicht angesehen: freiwilliges Ausscheiden, Tod, Ruhestand, dauerhafte oder absolute Arbeitsunfähigkeit und wesentliche Behinderung des Arbeiternehmers.

Andere Maßnahmen zur Förderung unbefristeter Arbeitsverträge

Ab dem 31.12.2012 sind Kettenbefristungsverträge von mehr als zwei Jahren Dauer unzulässig.

Der Teilzeitarbeitsvertrag wird dahingehend modifiziert, dass in Spanien Überstunden, wenn sie die maximale Anzahl an Überstunden pro Jahr (bei Vollzeitstellen im Verhältnis gesetzt zur maximalen Anzahl von 80 Stunden) nicht überschreiten, immer geltend gemacht werden können. Diese Überstunden wirken sich auf die Sozialversicherungsbeiträge und auf die Arbeitslosengeldleistungen aus.

Zum ersten Mal wird in Spanien unter Wahrung der Fortbildungsrechte, die „Arbeit auf Distanz“ geregelt. Die Arbeitnehmer müssen dabei einem konkreten Arbeitszentrum des Unternehmens zugewiesen werden.

Neuregelungen Vertragsbeendigung Reform im spanischen Arbeitsrecht

Vertragsbeendigung aus betrieblichen Gründen

Es findet eine Objektivierung der Kündigungsvoraussetzungen dahingehend statt, dass ein dauerhafter Absatzrückgang, der auf jeden Fall anzunehmen ist, wenn der Umsatz in drei aufeinanderfolgenden Quartalen zurückgeht, als Kündigungsgrund anzusehen ist.

Das Erfordernis der Vorabgenehmigung der öffentlichen Verwaltung für das Verwaltungsverfahren für Massenentlassungen bei in der Krise befindlichen Firmen („ERE“), wird abgeschafft. Es erfolgt damit eine Anpassung an die Praxis anderer europäischer Länder. Der entlassende Betrieb muss einen finanziellen Beitrag an den Staat leisten, wenn von den Massenentlassungen Mitarbeiter im Alter von 50 Jahren oder mehr betroffen sind.

Im Falle einer berechtigten Kündigung aus betrieblichen Gründen, besteht ein Anspruch auf Entschädigung von 20 Tagen pro Arbeitsjahr und maximal 12 Monatsgehältern.

Die Kompetenz zur Überprüfung und Kontrolle von Massenentlassungen wird den Sozialgerichten übertragen (bisher oblag sie der Verwaltung), für die ein neues Spezialgerichtsverfahren eingerichtet wird.

In Betrieben mit unter 25 Mitarbeitern kann der Arbeitgeber ausnahmsweise 40 % der Entschädigung kompensieren (vorher konnte diesen Betrag der Arbeitnehmer beantragen).

Es wird die Vertragsbeendigung für Bedienstete im öffentlichen Sektor geregelt.

Entschädigungen und Übergangsgehälter

Die Reform setzt die Entschädigung für ungerechtfertigte Kündigungen bei unbefristeten Arbeitsverträgen von 45 auf 33 Tage pro Arbeitsjahr herab sowie auf ein Maximum von 24 an Stelle von 42 Monatsgehältern. Für die Altverträge ist die neue Entschädigungsregelung von 33 Tagen nur anwendbar ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Rechtslage. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt für Altverträge die 45 Tage- Regelung mit einem Maximum von 42 Monatsgehältern.

Es werden die Übergangsgehälter „salarios de tramitacion“ für den Fall, dass es zu keiner Wiedereinstellung des Arbeiternehmers kommt, gestrichen.

Es ist nicht mehr möglich die ungerechtfertigte Kündigung bereits mit Kündigungsschreiben anzuerkennen und bereits zu diesem Zeitpunkt die Entschädigung zu zahlen.

Maßnahmen zur Förderung der Effizienz

  • Anerkennung neuer Rechte in der Ausbildungsmaterie
  • Recht auf eine an die Tätigkeit angepasste Ausbildung.
  • Schaffung eines Bildungskontos für den Arbeitnehmer.
  • 20 bezahlte Fortbildungsstunden pro Jahr
  • Direkter Vollzug der Bildungspläne durch akkreditierte Schulungszentren
  • Mobilität und Anpassung der Arbeitsbedingungen an die tatsächliche Betriebssituation

Aufgaben der Arbeitnehmer können an die Bedürfnisse des Betriebs angepasst werden. Auf diese Weise kann das System der beruflichen Einordnung nur mehr aus Unternehmensgruppen bestehen. Die früheren Berufskategorien der Tarifverträge, die dem entgegenstehen, müssen innerhalb von einem Jahr angepasst werden.

Vereinfacht wird die Anpassung von Arbeits- und Geschäftszeiten sowie Gehältern unter anderem. Betriebe können sich nunmehr auf Gründe wie Wettbewerb, Produktivität und technische oder sonstige Organisation beziehen.

In Ermangelung anderer Regelungen oder Vereinbarungen, besteht für die Betriebe nun die Möglichkeit einseitig festzulegen, dass 5 % der jährlichen Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer unregelmäßig auf Zeiträume mit mehr oder weniger Arbeit verteilt werden.

Um Entlassungen in Situationen geringer Nachfrage zu vermeiden, werden Vergünstigungen (wie die Vergütung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 50 %) und erleichterte Verfahren geschaffen, um eine Arbeitszeitreduzierung oder temporäre Vertragsunterbrechung (ERE) zu ermöglichen.

Beibehalten wird das Recht auf Wiederherstellung der früheren Situation in den Fällen, in denen ein Betrieb auf Grund wirtschaftlicher, technischer, organisatorischer oder produktionsbedingter Zwänge das Arbeitsverhältnis oder die Arbeitszeit verkürzt hat und nachträglich den Arbeitsvertrag ordentlich oder durch Massenentlassungen beendet. Dieses Recht besteht in der Wiederherstellung der gleichen Anzahl an Arbeitstagen, die dem Arbeitnehmer durch die Suspendierung oder Kürzung der Arbeitszeit genommen wurden mit einem Maximum von 180 Tagen.

Flexiblere Regelungen erlauben geografische Mobilität bei der Verlagerung von Arbeitszentren in andere Orte.

Reform im spanischen Arbeitsrecht und Tarifvertragsrecht

Im Rahmen der Konkurrenz von Tarifverträgen genießt die betriebliche Vereinbarung Vorrang vor höheren Tarifabkommen (seien es staatliche, autonome, provinzielle oder untergeordnete Tarifverträge) und zwar in den Bereichen: Gehaltshöhe und Gehaltszuschläge, Überstunden, Arbeitszeiten, Schichtarbeit, Urlaubsplanung und berufliche Qualifikation.

Für Unternehmen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten wird die Nichtanwendung von Tarifverträgen erleichtert. Das gilt unter anderem für folgende Bereiche:  Arbeitszeiten, Arbeitszeiteinteilung, Schichtarbeit, Vergütung, Entgelthöhe, Aufgaben und freiwillige Verbesserungen des Sozialversicherungsschutzes. Die Nichtanwendung muss begründet und nicht lediglich willkürlich sein. Als wirtschaftlicher Grund ist auch der dauerhafte Einnahmen- oder Absatzrückgang, der hier jedenfalls bei bereits zwei aufeinanderfolgenden Quartalen vorliegt, anzusehen.

Es findet eine Beschränkung der Geltung von Tarifverträgen dahingehend statt, dass der Tarifvertrag innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf seine Gültigkeit verliert und wenn vorhanden ein höherrangiges Tarifabkommen Anwendung findet.

Kontrolle von Betrug, Schattenwirtschaft und Fehlzeiten

mittels strikter Einhaltung des Gesetzes bei der Zahlung von Arbeitslosengeld.

Es wird durch Kooperationsvereinbarungen mit öffentlichen Verwaltungsstellen angestrengt, dass Arbeitslose die Arbeitslosengeld erhalten, Leistungen von allgemeinem Interesse zum Wohle der Allgemeinheit erbringen.

Der Vergleich von individueller Fehlzeit des Arbeitnehmers mit dem Mittelwert der Fehlzeiten der Arbeitnehmergesamtzahl wird im Falle von Kündigungen aufgegeben. Berücksichtigt wird nur noch die Fehlzeit des einzelnen Arbeiternehmers.

Die Effizienz der Bewertung der vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit soll durch intensive Zusammenarbeit mit den Arbeitsunfähigkeitsversicherungen verbessert werden.

Arbeitsvermittlung im spanischen Arbeitsrecht

Zeitarbeitsfirmen werden im Rahmen der Reform im spanischen Arbeitsrecht autorisiert als private Arbeitsagenturen zu fungieren, mit der Begründung dass sie bereits über ein breites Netzwerk von Niederlassungen in ganz Spanien und über breite Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt verfügen.

Arbeitsrechts Spanien aktuell

©2012 Verfasser Reform im spanischen Arbeitsrecht: Frank Müller, Rechtsanwalt, Abogado, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht.

Weiterführende Informationen zum Thema Arbeitsrecht in Spanien

25. Januar 2013 von Frank Dieter Müller
Kategorien: Aktuelles aus Spanien, Arbeitsrecht Spanien | Schlagwörter: , , , , | Schreibe einen Kommentar