Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Kalte Progression Spanien

Kalte Progression Spanien

Der Beitrag behandelt die Inflation und den Effekt bei der Einkommensteuer durch die so genannte kalte Progression in Spanien.

Sofern Gehälter nicht an höhere Preise und den Inflationsindex, in Spanien „IPC“ genannt, angepasst werden, kommt es zu einem Verlust der Kaufkraft. Aber selbst im Falle, dass eine Anpassung erfolgt, so kann es unbeschadet dessen aus steuerlichen Gründen zum Verlust der Kaufkraft kommen. Denn diese hängt auch von der Höhe der Einkommensteuer ab. In Spanien werden seit Januar 2015 die Stufen der Einkommensteuer nicht mehr angepasst, während hingegen in diesem Zeitraum der Verbraucherpreisindex um über 25 % gestiegen ist.

Die Stufen der Einkommensteuer, in Deutschland Steuertarifzonen oder Tarifzonen des Einkommensteuertarifs, in Spanien „tramos del IRPF“ genannt, folgen dem Prinzip der progressiven Besteuerung, bei der höhere Einkommen überproportional höher besteuert werden. Sie beschreiben, wie hoch der Steuersatz in Abhängigkeit vom zu versteuernden Einkommen ist.
Das bedeutet, dass durch Anpassung der Gehälter Arbeitnehmer höhere Einkommensteuern zahlen, aber ihre Kaufkraft im Rahmen der Nettogehälter verlieren, was in Spanien als „stille Steuererhöhung“, oder wie im Deutschen als „kalte Progression“ bekannt ist.
Die Einkommensteuer ist eine progressive Steuer, d. h. je höher das Bruttogehalt, desto höher ist der Steuersatz, sofern dieser nicht an die Inflation angepasst wird.
Das deutsche Bundesfinanzministerium legt seit 2015 alle zwei Jahre einen Steuerprogressionsbericht vor, in dem die Effekte der kalten Progression transparent dargestellt werden. Seit 2016 passt der Steuergesetzgeber den Steuertarif im Einkommensteuergesetz an die jeweilige Inflationsrate an.
In Spanien geschieht das auf staatlicher Ebene hingegen nicht automatisch, was zur kalten Progression führt.

In der Praxis hat dies zur Folge, dass ein Arbeitnehmer, wenn er eine Gehaltserhöhung erhält, einen realen Verlust an Kaufkraft erleidet, da er im Verhältnis mehr Steuern auf sein Einkommen zahlen muss, da die Steuerbelastung über den Betrag hinausgeht, den er an Gehaltserhöhung erhält.

Um dies auszugleichen, wird seit geraumer Zeit schon diskutiert, darüber hinaus auch die Einkommensteuertarifzonen („tramos“) an die Inflation anzupassen, damit der Arbeitnehmer keine reale Kaufkraft an den Staat verliert.

Dieser Vorgang wird in Spanien als “deflactación del IRPF“ bezeichnet. Dies bedeutet also, die Auswirkungen von Preisänderungen (Inflation) eines monetären Wert zu eliminieren und eine Größe, die in nominalen Begriffen gemessen wird, in eine Größe in realen Begriffen umzuwandeln.

Ansonsten hat dies, wenn keine Anpassung vorgenommen wird, bei der Einkommensteuer zur Folge, dass immer mehr Menschen mehr Steuern zahlen, da die gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht berücksichtigt werden.
Die fehlende Anpassung von Freibeträgen und Reduzierungen an die Inflation führt zu einer höheren Steuerlast und damit niedrigeren Nettogehältern.

Tatsächlich treffen daher manche Autonome Gemeinschaften in Spanien bereits solche Maßnahmen, so z. B. die von Madrid oder Andalusien und deflationieren den Einkommensteuersatz, um insbesondere einkommensschwachen Familien angesichts der Preissteigerungen zu helfen.
Madrid hat in mehreren Jahren eine Anpassung an den IPC und zwar auf alle Steuerstufen, den persönlichen und familiären Freibetrag, die geltenden Abzüge und Einkommensgrenzen angewendet.

Die unterlassene „Deflationierung“ der staatlichen Einkommensteuertarife – also die fehlende Anpassung an die kumulierte Inflation seit 2015 (26,7 %) – führt dazu, dass die Steuerlast seitdem, also in 10 Jahren, um etwa 30 % gestiegen ist.
Laut der Stiftung für Angewandte Wirtschaftsstudien (Fedea) hat dieses Unterlassen dem Staat alleine seit 2021 rund 16,7 Milliarden Euro an Mehreinnahmen gebracht, die besonders Haushalte mit mittlerem und niedrigem Einkommen träfen.

Fazit Kalte Progression Spanien: Kalte Progression bezeichnet den Effekt, dass Arbeitnehmer über real weniger Kaufkraft verfügen, obwohl ihr Nettoeinkommen nominal gleich bleibt oder sogar steigt, was an der progressiven Einkommensteuer in Verbindung mit Inflation liegt. Wenn Löhne inflationsbedingt steigen, um die Kaufkraft zu erhalten, rutscht der Arbeitnehmer ggf. in einen höheren Steuertarif und zahlt prozentual mehr Steuern obwohl er real nicht mehr verdient (nur inflationsbereinigt gleich viel). Das bedeutet, der Staat nimmt mehr Steuern ein, ohne dass der Bürger ein tatsächliches Mehreinkommen hat – eine verdeckte Steuererhöhung.

©2025 Verfasser Kalte Progression Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

12. Mai 2025 von Frank Dieter Müller
Kategorien: Berichte aus Spanien u. EU, Steuerrecht Spanien | Kommentare deaktiviert für Kalte Progression Spanien