Europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea – SPE) ausgesetzt
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hatte am 25. Juni 2008 den Vorschlag einer Verordnung über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea – SPE) KOM (2008) 396 vorgelegt.
Diese neue europäische Gesellschaftsform sollte kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ohne großen Aufwand ermöglichen, in verschiedenen Mitgliedstaaten in haftungsbeschränkter Form unternehmerische Tätigkeit zu entfalten oder sich in einem einzelnen Mitgliedstaat in einer transparenten Gesellschaftsform zu organisieren, die im gesamten Raum der EU bekannt und anerkannt ist und deshalb den Geschäftsverkehr mit Angehörigen anderer Mitgliedstaaten erleichtern, wie auch Großunternehmen ermöglichen, in mehreren oder allen Mitgliedstaaten der EU Tochtergesellschaften gleicher Rechtsform und gleicher Struktur zu errichten und zu betreiben.
im Rahmen ihres im Oktober 2013 begonnenen REFIT-Programms zur Vermeidung von Bürokratie zieht die EU-Kommission nun zahlreiche Gesetzesvorhaben, u.a. auch das der SPE im Rahmen einer am 21. Mai 2014 veröffentlichten Liste zurück. Dem war vorausgegangen, dass das EU-Parlament und der Rat bereits in 2011 keine Einigung über den Verordnungsvorschlag über das Statut einer Europäischen Privatgesellschaft hatten erzielen können.
Gemäß dem Vorschlag sollte die Gründung der SPE ohne notarielle Beurkundung erfolgen können. Neben der gewöhnlichen Gesellschaftsgründung sollte die Gründung einer SPE durch Formwechsel bzw. durch Verschmelzung oder Spaltung einer bestehenden Gesellschaft möglich sein, wobei jede Form von Gesellschaft, die nach innerstaatlichem Recht der Mitgliedstaaten gegründet werden kann, eine europäische Gesellschaft oder gegebenenfalls eine SPE Gesellschaft iSd. Vorschlages ist; Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigungen (EWIV) oder Europäische Genossenschaft (SCE) sind mithin ausgeschlossen.
Im Lichte der Seering und Centros Entscheidungen des EuGH muss sich die Hauptverwaltung einer SPE nicht im gleichen Mitgliedstaat befinden wie ihr eingetragener Sitz.
Gemäß dem Vorschlag der Kommission war der SPE darüber hinaus die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung innerhalb der Gemeinschaft eröffnet.
Fazit:
Das Vorhaben, kleinen und mittleren Unternehmen die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit innerhalb Europas durch Beseitigung unterschiedlichen Gesellschaftsrecht zu erleichtern, ist zumindest ausgesetzt.
Die geplante Alternative zur deutschen GmbH, französischen SAS/SARL oder spanischen SL/SRL unter Berücksichtigung des durch die EuGH-entscheidungen in den Fällen Centros, Überseering und Inspire-Art vorgegebenen Weges bleibt auf sich warten.
Bis auf Weiteres bleibt damit die Gründung von Tochterunternehmen in den Mitgliedsländern nach dortigen Vorgaben erforderlich. Damit ist ein neuerlicher Versuch gesellschaftsrechtlicher Vereinheitlichung auf EU-Ebene gescheitert. Ob weitere derartige Versuche ohne parallele Maßnahmen auf steuer- und sozialversicherungsrechtlicher, sowie ggf. auch arbeitsrechtlicher Ebene Sinn machen, mag dahinstehen.
Zur unselbständigen Zweigstelle oder Niederlassung, Zweigniederlassung, unselbständigen Niederlassung, Repräsentanz oder steuerlich auch Geschäftsstelle genannten Einrichtung, steuerliche Betriebsstätte, s. Reform der Niederlassung in der EU
©2014 Verfasser: Frank Müller, Rechtsanwalt, Abogado, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht