Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Steuerbeitreibung aus Immobilienverkäufen in Spanien

Steuerbeitreibung aus Immobilienverkäufen in Spanien

Nichtresidente, mithin in Spanien beschränkt steuerpflichtige Veräußerer spanischer Immobilien werden in den letzten Monaten vermehrt im Rahmen der Amtshilfe der Steuerbehörden innerhalb der EU von ihrem deutschen Wohnsitzfinanzamt aufgefordert, den nicht versteuerten Gewinn aus einem in Spanien beurkundeten Immobilienverkauf sowie ggf. Verzugszinsen und Säumniszuschläge abzuführen. Teilweise befinden sich die Verfahren bereits in der Vollstreckungsphase.

 

Besteuert wird im Rahmen von Verkäufen bei Spanienimmobilien grds. der Differenzbetrag zwischen dem seinerzeitigen Erwerbspreis und dem Veräußerungserlös abzüglich nachgewiesener Erwerbskosten und sonstiger abzugsfähiger Posten.  In Veräußerungsfällen spanischer Immobilien war bis zum 31.12.2006 seitens des Erwerbers ein Quellenabzug von dem an den Veräußerer zu zahlenden Kaufpreis in Höhe von 5 % vorzunehmen und für diesen an die Finanzbehörden abzuführen. Ab dem Steuerjahr 2007 reduzierte sich dieser Prozentsatz auf 3 %. Bis zum 31.12.2006 war der Zugewinn zwischen Ankauf und Verkauf seitens des Veräußerers mit einem Satz von 35 % zu versteuern. Ab dem Steuerjahr 2012 gilt ein Steuersatz von 21 %.

Gewinne auf Immobilientransaktionen manifestieren sich bei der Übertragung der entsprechenden Immobilie durch den beurkundeten Kaufpreis und sind somit für den spanischen Fiskus feststellbar sowie bewertbar. Veräußerer spanischer Immobilien trifft im Rahmen der Selbstveranlagung (sog. autoliquidación) die Pflicht, eine entsprechende Steuererklärung nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages abzugeben sowie ohne vorherigen Bescheid den entsprechenden Steuerbetrag unter Angabe der spanischen Steueridentnummer (N.I.E) auch fristgemäß einzuzahlen. Rechtsgrundlage insoweit ist Art. 120 der spanischen Abgabenordnung, der Ley General Tributaria.

Da der Veräußerungsgewinn in Spanien erzielt wurde, unterliegt dieser zwar dem Besteuerungsrecht des spanischen Fiskus. Allerdings ist grds. auch der deutsche Staat berechtigt, den dort ansässigen, mithin unbeschränkt Steuerpflichtigen insoweit zu besteuern, sofern die deutsche Steuerquote höher als die bereits in Spanien entrichtete Steuer ist. Mithin gilt gemäß dem deutsch-spanischen Doppelbesteuerungsabkommen das Anrechnungsprinzip, wonach lediglich die Spitze einer deutschen Besteuerung unterliegen kann.

 

Rechtsgrundlage für derartige Ersuchen spanischer Finanzämter an die deutschen Behörden ist die Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom 16. März 2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen und das EU-Beitreibungsgesetz vom 07.12.2011.

Zu beachten ist dabei aber, dass Rechtsmittel in Bezug auf die Forderung, den ursprünglichen Vollstreckungstitel für die Vollstreckung im ersuchenden Staat und den einheitlichen Vollstreckungstitel für die Vollstreckung in Deutschland nicht dort, sondern gem. Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom 16. März 2010, § 13 Abs. 2 EG-Beitreibungsgesetz bei der ersuchenden ausländischen Behörde nach deren dortigen Recht einzulegen sind. Dieses EU-Regelwerk besteht aus 31 Artikeln, die sich detailliert mit der Erteilung steuerlicher Auskünfte, der Amtshilfe bei der Zustellung von Dokumenten wie auch mit der Steuerbeitreibung und Sicherungsmaßnahmen befassen.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nach der Rechtsprechung des BGH nur dann in Betracht, wenn im Rahmen einer Vollstreckung einer ausländischen Steuerforderung eine solche gegen die öffentliche Ordnung des ersuchten EU-Mitgliedstaates, hier konkret Deutschland, verstieße. Dies ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofes allerdings nur dann anzunehmen, wenn die Vollstreckung in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zu grundlegenden Prinzipen der deutschen Rechtsordnung stünde (BFH, Urteil vom 03.11.2011 – VII R 21/10, BStBl. II 2011, 401). Soweit Bedenken gegen die Steuerfestsetzung als solche bestehen, seien diese ausschließlich bei der Festsetzungsstelle mit den hierfür zugelassenen Rechtsbefehlen als solche geltend zu machen.

 

Im Rahmen mehrerer uns in den letzten Monaten angetragener Fälle hatten die spanischen Finanzämter zunächst eine Zustellung der Maßnahme an die Adresse der veräußerten Immobilie in Spanien vorgenommen.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Sachverhalt der nicht mehr im Eigentum des Steuerpflichtigen stehenden Immobilie einen Zugang an deren Adresse nicht prinzipiell ausschließt. So ist es beispielsweise denkbar, dass Post vom Eigentümer-Nachfolger oder einem Nachbarn an den Steuerpflichtigen empfangen und diesem übergeben bzw. an diesen weitergeleitet werden könnte. Insbesondere besteht diese Gefahr einer nach spanischem Recht wirksamen Zustellung in dem Falle, dass im notariellen Kaufvertrag als Adresse des Veräußerers die spanische Immobilie und nicht die eines – zwingend zu benennenden – Steuerrepräsentanten – angegeben ist.

Gemäß Urteil des EuGH vom 11.05.2000, C 38/98, Slg. 2000, I-2973, kann allerdings einem Vollstreckungsersuchen einer ausländischen Behörde, ggf. dann nicht stattgegeben werden, wenn dies mit grundlegenden Prinzipien der eigenen Rechts- und Werteordnung unvereinbar ist. Diese Rechtsprechung wurde durch Urteil des EuGH vom 14.01.2010 – C-233/08 und auch vom deutschen Bundesfinanzhof durch Urteil vom 03.11.2010 – VII R 21/10 bestätigt.

Die deutsche Vollstreckungsbehörde kann unter Umständen die Vollstreckung einstweilen einstellen, beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben, soweit sie im Einzelfall unbillig gem. § 258 AO ist. Unbilligkeit in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn die Vollstreckung oder eine einzelne Vollstreckungsmaßnahme dem Vollstreckungsschuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde, der durch kurzfristiges Zuwarten oder durch eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden könnte. Nachteile, die üblicherweise mit der Vollstreckung oder der einzelnen Vollstreckungsmaßnahme verbunden sind, begründen keine Unbilligkeit. Unbilligkeit gem. § 258 AO bestünde beispielsweise dann, insofern eine Zwangsvollstreckung die wirtschaftliche Existenz nicht nur bedrohen, sondern diese irreparabel beschädigen oder vernichten würde.

Wer gegen die Vollstreckungsmaßnahmen als solche vorgehen möchte, ist hingegen gezwungen sich an die spanischen Finanzbehörden zu wenden. Das deutsche Wohnsitzfinanzamt hat insoweit keine Zuständigkeit. Ebenfalls sind Einsprüche, Ersuchen auf Stundung oder Berichtigung der Steuer ausschließlich an die spanischen Finanzbehörden zu richten.

 

©2014 Verfasser: Frank Müller, Rechtsanwalt, Abogado, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

 

Zum Steuerrecht in Spanien, s. hier

 

 

 

 

02. Juli 2014 von Frank Dieter Müller
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