Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Reform Quellensteuer EU

Quellensteuer Reform EU

Die Europäische Kommission hat im Juni einen Vorschlag zur Verbesserung der Effizienz und Sicherheit von Quellensteuerverfahren in der Europäischen Union vorgelegt. Diese Initiative, die Teil der Kommissionsstrategie für die Unternehmensbesteuerung im 21. Jahrhundert und des Aktionsplans für die Kapitalmarktunion 2020 ist, soll eine gerechtere Besteuerung fördern, Steuerbetrug bekämpfen und grenzüberschreitende Investitionen in der EU begünstigen. Der Beitrag Reform Quellensteuer EU erläutert den Richtlinienvorschlag.

Bereits im Vorfeld hatte das Europäische Parlament Maßnahmen zur Förderung dieses Zwecks beschlossen, welche sich unter dem Programm, das abgekürzt FASTER heißt, vereinen. Neben einer digitalen EU-Ansässigkeitsbescheinigung (eTRC) sieht das Projekt zwei Schnellverfahren und eine standardisierte Meldepflicht sowie ein nationales Register für Finanzintermediäre vor. Die Umsetzung soll bis Anfang des Jahres 2027 erfolgen. Nach dem in Art. 12 FASTER vorgesehenen „relief at source system“ können Finanzintermediäre die Quellensteuer auf Dividenden und Zinsen unmittelbar an der Quelle auf den im jeweiligen DBA vorgesehenen ermäßigten Quellensteuersatz reduzieren.

Der Begriff „Quellensteuer“ definiert die Verpflichtung eines in einem Mitgliedstaat ansässigen Anlegers, Steuern auf in einem anderen Mitgliedstaat erwirtschaftete Zinsen/Dividenden, mithin „an der Quelle“ der Einkünfte zu zahlen, was insbesondere grenzüberschreitende Anleger betrifft. Die Finanzinstitute sind verpflichtet, jährlich alle Konten und Depots zu prüfen und aufgrund des Automatischen Informationsaustauschs von Steuerdaten (AIA-AEOI) zu melden. Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung existieren zwischen vielen Mitgliedstaaten Doppelbesteuerungsabkommen, um einer doppelten Besteuerung der Steuerzahler in den beiden Staaten zuvorzukommen und überzahlte Beträge in einem anderen Mitgliedstaat zurückzufordern. Allerdings führt der hohe bürokratische Aufwand im Zusammenhang mit dem derzeitigen Verfahren dazu, dass Privatpersonen und Kleinunternehmer häufig auf das Recht zur Rückerstattung verzichten und von einer Investition ins Ausland absehen.

Eine Verbesserung bringen die Maßnahmen im Hinblick auf die aktuelle Situation insbesondere für private Anleger und Kleinunternehmer tatsächlich mit sich. Zwar bestehen zwischen dem Großteil der europäischen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen, die Vorschriften fallen allerdings länderabhängig sehr vielfältig und unterschiedlich aus. So sollen in der EU diesbezüglich mehr als 450 Formulare existieren, zum Teil auch nur in der jeweiligen Landessprache. Zudem erfordert das ganze Verfahren einen hohen zeitlichen Aufwand sowie hohe Kosten wie bspw. Portogebühren. Oftmals werden eine Bescheinigung des Finanzamtes über den Wohnsitz sowie weitere Bescheinigungen der Banken benötigt, für die wiederum Gebühren anfallen. Darüber hinaus deckten mehrere Skandale im Zusammenhang mit den Erstattungsverfahren „Cum/ex“ und „Cum/Cum“ zwischen 2000 und 2020 Fälle von Missbrauch auf, die zu geschätzten Steuerausfällen in dreistelliger Milliardenhöhe führten. 

Die konkreten Maßnahmen:

  • Einführung einer gemeinsamen digitalen EU-Steuerwohnsitzbescheinigung: Diese bringt die Rationalisierung und Vereinfachung der Quellensteuerverfahren mit sich, da die meisten Mitgliedstaaten aktuell noch papiergestützte Systeme zurückgreifen. Zudem zielt dieses System auf die Stärkung der Sicherheitsvorkehrungen zur Verhinderung von Steuerbetrug ab. Die Bescheinigung enthält Informationen zur Identifizierung des Steuerpflichtigen und dient ebenfalls zur Bestätigung der Ansässigkeit in einem bestimmten EU-Mitgliedstaat. Ihre Ausstellung sollte innerhalb eines Arbeitstages nach Einreichung des Antrags erfolgen. Sie soll im selben Format in der gesamten EU gültig sein.
  • Einführung von zwei Schnellverfahren, die das normale Erstattungsverfahren ergänzen: Die Einführung eines „Quellensteuerermäßigungsverfahrens“ und eines „Schnell-Erstattungssystems“ visiert die Straffung und Harmonisierung des Ermäßigungsverfahrens in der gesamten EU an. Den Mitgliedstaaten obliegt dabei die Wahl, welches Verfahren sie anwenden wollen, und ihnen steht ebenfalls die Möglichkeit der Kombination beider Verfahren frei.
  • Einführung einer standardisierten Meldepflicht, um den nationalen Steuerbehörden die notwendigen Instrumente zur Verfügung zu stellen, mit denen sie die Berechtigung zur Erhebung ermäßigter Gebühren überprüfen und möglichen Missbrauch aufdecken können. Umso größer das Register der Finanzintermediäre, desto leichter gestaltet es sich dabei für die Steuerbehörden, Erstattungsanträge zu bearbeiten, unabhängig vom verwendeten Verfahren betrachtet.
  • Ermäßigung an der Quelle (sog. relief at source): Dies gestattet die Anwendung des entsprechenden Steuersatzes gemäß der Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens direkt zum Zeitpunkt der Zahlung der Dividenden/Zinsen.
  • Schnelle Erstattung (quick refund). Dadurch wird wie bisher zum Quellensteuersatz des Mitgliedstaates einbehalten, aber die Erstattung der überzahlten Steuer innerhalb von 50 Tagen nach erfolgter und begründeter Antragsstellung vorgenommen.

Diese standardisierten Verfahren sollen den Anlegern schätzungsweise jährliche Einsparungen in Höhe von über 5 Milliarden Euro schaffen.

Die Initiative ist Teil der Bemühungen der Kommission um Vereinfachungen für Unternehmen und die Bekämpfung missbräuchlicher Steuerpraktiken. Im Dezember 2022 hatten die Finanzministerinnen und -minister der EU-Mitgliedstaaten den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Konzerne in der EU angenommen. Im Mai 2023 wurde zudem eine politische Einigung über neue Steuertransparenzvorschriften für alle Dienstleister erzielt, die im Auftrag von in der EU ansässigen Kunden Transaktionen mit Kryptowerten abwickeln. Der jetzige Vorschlag ist auch ein zentrales Element des Aktionsplans der Kommission für die Kapitalmarktunion von 2020

Fazit Reform Quellensteuer EU:

Mit FASTER will die EU-Kommission die bürokratische, zeit- und kostenaufwändige Rückerstattung der Quellensteuern auf Aktien und Anleihen beschleunigen und anstelle von Papierbescheinigungen einen einheitlichen digitalen Nachweis des Steuerwohnsitzes einführen, der innerhalb eines Tages digital vorliegen soll.

Allerdings ist das Problem des Richtlinienvorschlags der EU-Kommission zu schnelleren und sichereren Verfahren für die Entlastung von überschüssigen Quellensteuern (COM (2023) 324) zum einen, dass „relief at source“ zwar dem Anleger das eigentliche Verfahren erspart, die EU-Kommission aber den Mitgliedstaaten überlässt, ob diese dem Erstattungsberechtigten ein „relief at source“, einen „quick refund“ oder sogar eine Kombination aus beidem anbietet. Der „quick refund“ wiederum stellt tatsächlich eine Verbesserung des bestehenden Verfahrens dar, soll aber über die Banken durchgeführt werden. Die dabei anfallenden Gebühren können den gesamten Vorgang dann zumindest für Kleinanleger erneut uninteressant machen.

©2023 Reform Quellensteuer EU: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

06. November 2023 von Frank Dieter Müller
Kategorien: Berichte aus Spanien u. EU | Schlagwörter: | Kommentare deaktiviert für Reform Quellensteuer EU