Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Online-Beurkundung Spanien

Online Beurkundung Spanien

Der Beitrag erläutert zur neuen Online-Beurkundung in Spanien von Gesellschaftsgründungen und anderen Rechtsakten.

Mit Wirkung vom 9. November dieses Jahres 2023 ist das Gesetz 11/2023 vom 8. Mai in Kraft getreten, das unter anderem die Digitalisierung von notariellen und registrierenden Maßnahmen regelt. Das Gesetz ermöglicht die Unterzeichnung bestimmter notarieller Urkunden, insbesondere im handelsrechtlichen Bereich, online, per Videokonferenz. Insbesondere die Gründung einer Gesellschaft per Videoanruf ist nunmehr möglich.

Mit dem Gesetz zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union (Ley 11/2023, de 8 de mayo, de trasposición de Directivas de la Unión Europea en materia de accesibilidad de determinados productos y servicios, migración de personas altamente cualificadas, tributaria y digitalización de actuaciones notariales y registrales), welches am 8. Mai im Staatsanzeiger (BOE) veröffentlicht wurde, wird die europäische Richtlinie 2019/1151 umgesetzt, welche unter anderem vorsieht, dass ein EU-Bürger in einem anderen Mitgliedstaat eine Kapitalgesellschaft gründen kann, ohne physisch anwesend zu sein.

In Deutschland ist das notarielle Online-Verfahren in dem im Wege einer Videokonferenz beurkundet bzw. beglaubigt werden kann
– ab dem 1.8.2022 zulässig für:

  • Gründungen einer GmbH (ohne Sacheinlagen)
  • Anmeldungen zum Handelsregister (z. B. Anmeldung eines neuen Geschäftsführers oder einer neuen Geschäftsadresse)
  • Anmeldungen zum Genossenschaftsregister (z. B. Anmeldung eines neuen Vorstandsmitglieds)
  • Anmeldungen zum Partnerschaftsregister (z. B. Anmeldung eines neuen Partners)

-ab dem 1. August 2023:

  • Sachgründungen einer GmbH
  • Änderungen eines GmbH-Gesellschaftsvertrags
  • Anmeldungen zum Vereinsregister

Andere Vorgänge, etwa der Kauf einer Immobilie oder die Beurkundung eines Testaments, können hingegen ausschließlich vor Ort beurkundet werden. Grund hierfür ist, dass bei diesen Vorgängen die volle Schutzfunktion einer Beurkundung in Präsenz besser gewährleistet ist.

Die Videobeurkundung erfolgt über das von der Bundesnotarkammer betriebene Portal. Ausreichend zur Nutzung ist ein laptop oder tablet sowie ein smartphone mit der Notar-App und ein aktuelles Ausweisdokument. Gemäß der Kammer genügt das online-Verfahren höchsten Anforderungen an Datenschutz und Sicherheit. Die Daten liegen verschlüsselt auf Servern in Deutschland. Die Vertraulichkeit bleibe daher auch digital uneingeschränkt gewahrt.

Online-Beurkundung in Spanien

Bereits seit 2001 sind die Notare in Spanien elektronisch miteinander und zu spanischen Behörden vernetzt, so dass sie Dokumente und Urkunden in Echtzeit und mit absoluter Sicherheit übermitteln können. Dies insbesondere unmittelbar nach der Beurkundung an das Grundbuchamt oder das Handelsregister in Spanien.

Aber auch Im Falle, dass sich die an der Unterzeichnung einer Urkunde beteiligten Parteien an verschiedenen Orten in Spanien befanden, konnte die Unterzeichnung nahezu wie bei einer gemeinsamen Beurkundung erfolgen.
Dies mit zwei Möglichkeiten, z.B. im Rahmen der Beurkundung eines Kaufvertrags einer Immobilie, bei dem eine der Parteien, der Käufer, sich in Barcelona, die andere, der Verkäufer, in Madrid aufhält.
a) Der Verkäufer in Madrid erteilt einer Person, die sich in Barcelona befindet, eine Vollmacht, damit diese dritte Person in seinem Namen unterschreiben kann. Die Vollmacht wird in Echtzeit, elektronisch und sicher vom Notar in Madrid an den Notar in Barcelona übermittelt, so dass die dritte Person sofort im Namen des Verkäufers, der sich in Madrid befindet, unterschreiben kann.
b) Der Kaufvertrag wird in Barcelona vom Käufer unterschrieben und der Notar sendet ihn in Echtzeit elektronisch und sicher an den Notar in Madrid, damit der Verkäufer ihn in Madrid ratifizieren kann. Dies allerdings mit dem Risiko, dass diese Nachgenehmigung nicht erfolgt.

Eine tatsächliche Beurkundung „online“ war dies allerdings nicht. Ab dem 9. November 2023 steht den Bürgern und Unternehmern nun auch die online-Beurkundung in Spanien, also die Möglichkeit der elektronischen Abwicklung von notariellen Handlungen – und zwar auch aus dem Ausland – offen.
Es wird geschätzt, dass somit mehr als 3 Millionen notarielle Urkunden pro Jahr online genehmigt und unterzeichnet werden können.

Wie bereits der Präsident des Generalrats der spanischen Notare (Consejo General de Notarios de España), Ángel Martínez, im Mai bekundete, sollen anfänglich nur einseitige Rechtshandlungen abgeschlossen werden, also solche, bei denen die physische Anwesenheit vollständig durch telematische Instrumente ersetzt werden kann. Denn durch die Verabschiedung des Gesetzes dürfe die notariell gewährleistete Rechtssicherheit keinesfalls in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigt werden. Es sei zwingend die gleiche Rechtssicherheit wie bei dem Besuch eines Notariats zu gewährleisten.

Die Unterzeichnung von Dokumenten am elektronischen Sitz des Notars („Sede electrónica notarial“) erfolgt per Videokonferenz. Hierzu werden allerdings keine herkömmlichen Plattformen wie zoom, meet, skype o.ä., sondern ausschließlich ein Kanal am elektronischen Sitz der Notare, das „Portal notarial del ciudadano“ genutzt. Zur Garantie der Rechtssicherheit ist diese Nutzung nur unter Verwendung einer qualifizierten und elektronischen Signatur möglich.

Sodann wird das jeweilige notarielle Protokoll bei dem Generalrat des Notariats in dem neu eingeführten elektronischen Notarprotokoll digital gespeichert. Informationen können folglich mit dem elektronischen Notarprotokoll einfacher und schneller an Behörden, Unternehmen oder Privatpersonen übermittelt werden.

Bisher war es spanischen Notariaten nur möglich, eine telematische Kommunikation mit den öffentlichen Verwaltungen, dem Katasteramt oder den Registern zu führen, sowie beispielsweise elektronische Abrechnungen, Ausstellungen von Bescheinigungen oder bestimmte Daten online zu übermitteln.
In dem Notariat selbst wird nunmehr weiterhin ein Papierprotokoll hinterlegt. Beide Protokolle können nur von dem zuständigen Notar eingesehen werden.

Die EU-Richtlinie empfiehlt, in Ländern, in welchen ein Unternehmen vor einem Notar gegründet werden kann, die Rechtssysteme der jeweiligen Länder beizubehalten und somit durch ein sicheres und flexibles Modell die Gefahren der Geldwäsche und des Steuerbetrug entgegen zu wirken.

Handlungen, die Privatpersonen und Unternehmen ab November nun per online-Beurkundung in Spanien durchführen können, sind dementsprechend insbesondere:

  • Gesellschaftsrechtliche Handlungen: die Gründung von Gesellschaften, Ernennung von Vorstandsmitgliedern, Abberufungen, Vollmachten und deren Widerruf, Kapitalerhöhungen, Satzungsänderungen, Sitzverlegungen, Liquidationen usw.
  • Protokolle von Hauptversammlungen
  • Zahlungserklärungen und Aufhebung von Bürgschaften
  • Zeugnisse zur Legitimierung von Unterschriften

und

  • Rechtshandlungen und Geschäfte, die ihrer Natur nach durch Verordnung festgelegt sind.

Auch autorisierte elektronische Kopien können durch das neue Gesetz von den Notaren in Spanien zugestellt werden, welches wiederum zu Einsparungen von Zeit und Kosten führt.

Die Anwendung des neuen Gesetzes bedurfte einer technischen Innovation, von der abhängt, wie agil das System sein wird und inwieweit es von einer natürlichen oder juristischen Person ohne physische Anwesenheit aus der Ferne genutzt werden kann. Diese Herausforderung stellt gleichzeitig die Möglichkeit eines erheblichen technologischen Fortschritts dar.

Der Generalrat der spanischen Notare fördert die Nutzung dieses digitalen Systems und regelt die Einzelheiten für einen sicheren und zuverlässigen Arbeitsablauf detailliert, um den an den rechtsgeschäftlichen Handlungen Beteiligten ab dem 9. November 2023 Sicherheit bieten zu können.

Das Ziel der Förderung der Digitalisierung wird dadurch umgesetzt, indem das spanische Gesetz nicht nur die Unternehmensgründung, sondern gerade auch Vollmachten für bestimmte Handlungen per Videoanruf einräumt, während die EU-Richtlinie lediglich die Gründung von Unternehmen per Videoanruf vorsieht.

Der Umfang der Formulierung „für bestimmte Handlungen“ in Artikel 17 ter Buchstabe c) des Gesetzes 11/2023 vom 8. Mai zur online-Beurkundung Spanien ist noch nicht eindeutig bestimmt. Bei weiterer Konkretisierung wird es eventuell in der Zukunft möglich sein, auch Immobilienangelegenheiten derart abzuwickeln.
Eine Ausführungsverordnung („reglamento“) wurde bislang noch nicht erlassen.

Derzeit jedenfalls ist das spanische Gesetz über den Grundgedanken der Richtlinie, nämlich der Möglichkeit der Online-Gesellschaftsgründung aus dem Ausland, bereits hinausgegangen und hat den Anwendungsbereich auf einseitige Erklärungen, wie Neubauerklärungen, Horizontalteilungen oder auch Löschung von Hypotheken ausgedehnt.

Nicht möglich ist aber bspw. die Annahme von Erbschaften über Vermögenswerte in Spanien ohne dass es einer physischen Anwesenheit vor dem spanischen Notar bedarf. Ausgeschlossen von diesem System sind auch Immobilienverträge, Hypotheken und allgemeine Vollmachten.

Die Einführung des Gesetzes zur online-Beurkundung Spanien bringt demgemäß eine Reihe von Vorteilen mit sich, nämlich Zeitersparnis, Kosteneffizienz und Flexibilität der Beteiligten. Die Möglichkeit, den Gründungsprozess per Videoanruf durchzuführen, ist besonders vorteilhaft für ausländische Unternehmensgründer, die nicht in Spanien ansässig sind und somit durch die digitale Abwicklungen eine deutliche Zeitersparnis haben können. Ratifizierungen und Apostillierungen entfallen nunmehr. Damit einher geht die Flexibilität, eine Gesellschaft von nahezu jedem Ort gründen zu können, immer und soweit eine stabile Internetverbindung vorhanden ist.

Insgesamt vereinfacht und beschleunigt die Möglichkeit der Gründung einer Gesellschaft per Videoanruf gemäß des neuen spanischen Gesetzes Ley 11/2023 vom 8. Mai den Gründungsprozess erheblich, indem Zeit und Kosten gespart werden und gleichzeitig die rechtliche Sicherheit aufrechterhalten und gewährleistet wird. Durch die Bereitstellung elektronischer Kopien und des elektronischen Notarprotokolls wird auch die Verwaltung und Weiterverarbeitung des Gründungsprozesses erleichtert. Diese neuen Regelungen tragen dazu bei, Spanien als unternehmerfreundlichen Standort zu stärken und insbesondere die Gründung neuer Unternehmen zu fördern.

Voraussetzung an der Teilnahme ist allerdings, dass Bürger und rechtliche Vertreter von Unternehmen auf der Online-Plattform der Notare (www.portalnotarial.es) registriert sind und über ein persönliches oder unternehmenseigenes elektronisches Signaturzertifikat verfügen.
Dies ist unerlässlich, um die derzeit gemäß dem Gesetz erlaubten Dokumente elektronisch zu unterzeichnen

Der andere Vorteil, den Privatpersonen und Unternehmen nach Inkrafttreten des Gesetzes 11/2023 feststellen können, ist die Einführung und Zirkulation der elektronischen beglaubigten Kopie („cópia autorizada electrónica“), die es ermöglicht, den Inhalt der persönlich oder elektronisch ab dem 09.11.2023 unterzeichneten Urkunden einzusehen und nachzuweisen.
Mit der Einführung der elektronischen beglaubigten Kopie ist es nicht mehr erforderlich, beglaubigte Papierkopien notarieller Dokumente aufzubewahren und vorzulegen, vorausgesetzt, sie wurden ab dem 9. November 2023 unterzeichnet.

All diese erheblichen Veränderungen in der Art und Weise, wie notarielle Dienstleistungen erbracht werden, und die vielleicht eine der wichtigsten Reformen in den 175 Jahren des Bestehens des Notariats in seiner aktuellen Form in Spanien darstellen, gehen allerdings mit steigenden Kosten für Notariatskanzleien und den Notariatsrat einher, aufgrund von erheblichen Investitionen in Server, Cybersicherheit und Personal, das sich der Digitalisierung und Einreichung des elektronischen Protokolls widmet.
Gemäß den Anwendungsrichtlinien des Notargesetzes für die gesamte Notariatsgemeinschaft werden diese Kostensteigerungen die Notardienstleistungen um etwa 20-30% erhöhen, abhängig von der Art der unterzeichneten Dokumente (persönlich als auch elektronisch).

Basierend auf den Erfahrungen der ersten Wochen seit der Einführung des elektronischen Protokolls lässt sich eine Kostensteigerung vor allem bei Rechnungen für Dokumente feststellen, die bisher von geringerem Wert waren (Testamente, Klagevollmachten und Ähnliches), weniger jedoch bei traditionell teureren Dokumenten wie Kaufverträgen, Hypotheken oder Erbschaften.

Aufgrund des zusätzlichen Arbeitsaufwands, der die Einrichtung des elektronischen Protokolls und die Erstellung elektronischer Kopien mit sich bringen, werden auch die Fristen für den Versand von Rechnungen und beglaubigten Kopien länger werden. Einfache elektronische Kopien werden weiterhin wie bisher zeitnahe nach ihrer Unterzeichnung versendet, sodass die Fristen für die steuerliche Abwicklung, die Dringlichkeit der Nachweisführung von unterzeichneten Dokumenten, Anmeldungen und mit Immobilien verbundene Dienstleistungen usw. eingehalten werden können. Aber die endgültigen beglaubigten Kopien (sowohl in Papierform als auch elektronisch) werden eine längere Vorlauf- und Verfügbarkeitsfrist ab der Unterzeichnung der Urkunde haben.

 ©2023 Verfasser Steuern Online-Beurkundung Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

20. Dezember 2023 von Frank Dieter Müller
Kategorien: Aktuelles aus Spanien, Recht und Gesetz Spanien | Schlagwörter: , , | Kommentare deaktiviert für Online-Beurkundung Spanien