Änderung DBA Betriebsstätte Spanien
Die OECD („Organisation for Economic Co-operation and Development“) hat Ende November 2025 eine Aktualisierung des Musterabkommens („Model Tax Convention“) und seines Kommentars veröffentlicht, das neue Leitlinien zur grenzüberschreitenden Telearbeit („remote work“) und zur Betriebsstättenbegründung enthält. Das Update wird auch in die neue Gesamtausgabe des OECD-Musterabkommens einfließen, die für 2026 geplant ist.
Diese wird zu Auswirkungen auf das deutsch spanische Doppelbesteuerungsabkommen führen.
Die wichtigste Neuerung betrifft den Begriff der Betriebsstätte („Establecimiento Permanente“, EP im Spanischen). Die Randnummern 44.1 bis 44.21 der Kommentare zu Artikel 5(1) des OECD-Musterabkommens erläutern, wie dbzgl. Telearbeit bei der Prüfung zu bewerten ist und ob ein ausländisches Unternehmen mit einem Mitarbeiter in Spanien im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers eine Betriebsstätte begründen kann. Das OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist ein international anerkanntes Modell für bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Es dient als Vorlage für zahlreiche DBA zwischen Staaten und wird durch einen Kommentar ergänzt, der die praktische Auslegung einzelner Bestimmungen, insbesondere des Art. 5 (Betriebsstätte) erläutert.
Der Beitrag „Änderung DBA Betriebsstätte Spanien“ erläutert die Neuerungen.
Betriebsstätte Spanien Neuerungen:
1. Wegfall des Erfordernisses „der Verfügungsmacht des Unternehmens“
Die bisherige Voraussetzung, dass die Wohnung des Arbeitnehmers „dem Unternehmen zur Verfügung stehen“ muss, um als feste Geschäftseinrichtung gelten zu können, wird gestrichen.
Dieser Wandel stellt eine wesentliche konzeptionelle Änderung dar:
Die Beurteilung des Vorliegens einer Betriebsstätte hängt nun primär von tatsächlichen Umständen des Arbeitsverhältnisses ab – also von der realen Arbeitsausübung – und nicht mehr von rein formalen Kriterien.
2. Neues objektives Kriterium: Regelmäßigkeit (≥ 50 % der geleisteten Arbeitszeit)
Die Analyse beginnt nun mit einem objektiven zeitlichen Test, der den Grad der Regelmäßigkeit misst:
Leistet der Arbeitnehmer weniger als 50 % seiner gesamten Arbeitsstunden innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums von seiner Wohnung oder einem anderen relevanten Ort in einem anderen Staat aus scheidet dieser Ort automatisch als mögliche feste Geschäftseinrichtung aus.
Es liegt keine Betriebsstätte vor.
Wird die 50-%-Schwelle überschritten, erfolgt eine Bewertung anhand der tatsächlichen Umstände und anschließend nach dem entscheidenden Kriterium (siehe nächster Punkt).
Die OECD weist darauf hin, dass selbst wenn in einem Jahr die 50 % nicht erreicht werden, eine dauerhafte Nutzung desselben Arbeitsplatzes über mehrere Jahre als ausreichender Hinweis betrachtet werden kann, um den zeitlichen Test dennoch zu erfüllen.
3. Entscheidendes Kriterium: Vorliegen von „kommerziellen Gründen“ für die Tätigkeit in diesem Staat
Wird der 50-%-Test erfüllt, ist der entscheidende Faktor, ob geschäftliche Gründe bestehen, die rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit von diesem Staat aus erbringt, und ob dessen Funktionen mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens in diesem Gebiet zusammenhängt.
Es liegen geschäftliche Gründe vor, wenn:
Die physische Anwesenheit des Arbeitnehmers im Staat unmittelbar die wirtschaftlichen Aktivitäten dort erleichtert,
das Unternehmen einen direkten operativen Vorteil aus der Anwesenheit des Arbeitnehmers erzielt, persönliche Interaktionen mit Kunden, Lieferanten, Geschäftspartnern oder potenziellen Geschäftschancen notwendig oder vorteilhaft sind,
das Unternehmen auf andere Einrichtungen im selben Staat zurückgreifen würde, wenn die Wohnung des Arbeitnehmers nicht verfügbar wäre.
Kurz gesagt: Geschäftliche Gründe liegen vor, wenn das Unternehmen in diesem Staat tatsächlich wirtschaftliche Aktivitäten ausübt und die Anwesenheit des Arbeitnehmers hierfür eine wesentliche Rolle spielt.
Fälle, in denen keine geschäftlichen Gründe vorliegen:
Die Telearbeit wird vom Unternehmen dem Mitarbeiter auferlegt, um Kosten zu sparen (z. B. keine Büros mieten, allgemeine Home-Office-Politik).
Die Fernarbeit dient ausschließlich dazu, den Mitarbeiter in der Arbeitnehmerschaft zu halten, ohne wirtschaftliche Aktivitäten im Wohnsitzstaat zu entfalten.
Der Standort des Arbeitnehmers ist für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens irrelevant.
Die Beurteilung, ob die Wohnung des Arbeitnehmers eine feste Geschäftseinrichtung darstellt, erfordert eine einzelfallbezogene Analyse in jedem Steuerjahr und richtet sich nach den tatsächlichen Funktionen, die der Telearbeitende in diesem Staat ausübt.
Unternehmen sollten daher Arbeitszeiten im Home-Office und die Gründe (geschäftlich oder privat) dokumentieren, um ihre Position bei einer möglichen Überprüfung durch die Steuerbehörden belegen zu können.
Beispiele:
1. Ein Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens lebt in den Niederlanden.
Seine Arbeit besteht darin, holländische Lieferanten zu betreuen.
Das Unternehmen benötigt häufige Interaktionen in den Niederlanden.
Die Wohnung dient überwiegend als regulärer Arbeitsort (> 50 %).
Ergebnis: Vorliegen einer Betriebsstätte in Holland, infolge eines klaren geschäftlichen Grunds.
2. Ein Arbeitnehmer lebt in Spanien und arbeitet für ein deutsches Unternehmen.
Das Unternehmen hat Kunden und Aktivitäten in Spanien.
Der Arbeitnehmer arbeitet > 50 % seiner Zeit von seiner Wohnung aus.
Er hält persönliche Treffen mit spanischen Kunden ab.
Ergebnis: Vorliegen einer Betriebsstätte in Spanien, denn die Anwesenheit erleichtert unmittelbar die Geschäftstätigkeit in Spanien.
3. Ein Softwareingenieur lebt in Spanien und arbeitet dort zu 100 % remote, aber:
seine Aufgaben richten sich ausschließlich an den Markt des Unternehmens (z. B. Deutschland),
es gibt keine Kunden oder Lieferanten in Spanien,
das Unternehmen ist in Spanien nicht tätig.
Ergebnis: Trotz Überschreiten der 50 % liegt keine Betriebsstätte vor.
Einfluss auf die nationale Praxis
Die OECD-Leitlinien sind nicht automatisch in alle DBA übernommen. So gilt z. B. das DBA Deutschland-Spanien formal weiterhin in der Fassung bisheriger Verhandlungen. Allerdings können nationale Steuerverwaltungen diese neuen OECD-Hinweise zur Auslegung heranziehen. Offen bleibt, wann und auf welche Weise dies in der Finanzverwaltungspraxis umgesetzt wird.
Fazit Änderung DBA Betriebsstätte Spanien
Mit den neuen Änderungen des OECD Musterabkommens kommt es zu wichtigen Folgen gerade im Hinblick auf „home-office“-Betriebsstätten. Diese modernen Arbeitsformen standen bislang nicht im Fokus der klassischen Definition des Betriebsstättenbegriffs. Damit erweitern und ändern sich die Voraussetzungen zur Prüfung, ob eine Betriebsstätte eines deutschen Unternehmens in Spanien vorliegt.
©2025 Verfasser Änderung DBA Betriebsstätte Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt, Abogado, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Der Autor, Rechtsanwalt und Abogado, ist Experte in deutsch-spanischen Rechts- und Steuerfragen. Informationen und Website finden Sie