Neubewertung Vermögensteuer Spanien
Mit der im Juli des vergangenen Jahres verabschiedeten Steuerreform (Gesetz 11/2021 vom 9. Juli, Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Steuerhinterziehung, zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016, Ley 11/2021, de 9 de julio) erfolgte auch eine Änderung der spanischen Bewertungsvorschriften im Rahmen der Vermögensteuer („Impuesto sobre el Patrimonio, IP“). Die Gesetzesreform sieht die Möglichkeit vor, dass Immobilien nunmehr nach dem neuen Katasterreferenzwert bewertet werden, womit es zu erheblich höheren Steuersätzen bei der Vermögensteuer kommen kann. Die vorliegende Bearbeitung „Neubewertung Vermögensteuer Spanien“ behandelt die Frage der Auswirkung der Gesetzesänderung auf bereits im Eigentum stehende, zuvor erworbene Immobilien.
Vor der Reform war im Rahmen der bis zum 30.06. eines jeden Jahrs im Wege der Selbstveranlagung zu erklärenden und ggf. zu entrichtenden spanischen Vermögensteuer der höhere der folgenden Werte maßgebend:
- Katasterwert,
- der von der Verwaltung für die Zwecke anderer Steuern überprüfte Wert oder
- Preis, Gegenleistung oder Anschaffungswert.
Nunmehr ist maßgebend:
- Katasterwert,
- der von der Verwaltung für die Zwecke anderer Steuern bestimmte oder überprüfte Wert oder
- Preis, Gegenleistung oder Anschaffungswert.
Mithin ist jetzt als einer der Werte, die bei der steuerlichen Erklärung von Immobilienvermögen zu berücksichtigen ist, der von der Verwaltung für die Zwecke anderer Steuern bestimmte Wert. Damit sind die Steuerpflichtigen künftig verpflichtet, den neuen Katasterreferenzwert bei der Vermögensteuererklärung zu berücksichtigen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass dieser online einsehbare Wert höher ist als der Katasterwert oder der Kaufpreis.
Neubewertung Vermögensteuer Spanien – Kataster- und Referenzwert
Der neue zum 1.1.2022 in Kraft getretene Kataster-Referenzwert wird von der Generaldirektion für Katasterwesen festgelegt und basiert auf der Berechnung der Preise von Immobilienübertragungen, die vor Notaren und in Abhängigkeit von den Katastermerkmalen jeder Immobilie vorgenommen werden. Dieser Wert wird Jahr für Jahr und gleichzeitig in allen Gemeinden, als Grundlage für die Vermögensübertragungssteuer („Impuesto sobre Transmisiones patrimoniales“, Grunderwerbsteuer), Stempelsteuer und/oder Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer, ermittelt und darf gemäß Verordnung ebenso wie auch der Katasterwert den Marktwert nicht überschreiten.
Der Katasterwert hingegen wird auf der Grundlage von Werten der entsprechenden Gemeinden berechnet und berücksichtigt in der Regel die Lage der Immobilie, die Lage innerhalb der Stadt, das Alter, die Qualität der Konstruktion, Reformen oder Renovierungen des Gebäudes oder den Erhaltungszustand. Dieser Wert wird durch das Haushaltsgesetz aktualisiert, allerdings nicht gleichzeitig oder einheitlich für alle Gemeinden und dient als Bemessungsgrundlage der gemeindlichen Grundsteuer („Impuesto sobre Bienes Inmuebles, IBI“), welche dem Grundeigentümer jährlich (im Rahmen des Abbuchungsbelegs der Bankkontoauszüge) kommuniziert wird.
In beiden Fällen handelt es sich um objektive Werte, d. h. sowohl der Referenzwert als auch der Katasterwert bewerten Wohnungen im selben Gebäude mit derselben Fläche auf dieselbe Weise, auch wenn eine renoviert ist und die andere nicht.
Es werden also im Rahmen der spanischen Bewertungsvorschriften weder beim Kataster- noch beim Referenzwert die besonderen Umstände der einzelnen Immobilien berücksichtigt.
Während der Referenzwert öffentlich ist, so hat zum Katasterwert nur der Eigentümer Zugang.
Dabei stellt sich die Frage, ob auch Grundstücke, die vor dem Inkrafttreten des Katasterreferenzwerts erworben wurden, von dieser gesetzlichen Änderung betroffen sind. Das heißt, ob Immobilieneigentümer bei der nächsten Vermögenssteuererklärung im Juni 2022 diesen Referenzwert in ihrer Steuererklärung für ihre Immobilien die zeitlich vorher erworben wurden bereits berücksichtigen müssen. Oder aber, ob nur die Immobilien, die nach dem Inkrafttreten des Katasterreferenzwerts, also ab 2022 erworben wurden, nach diesem neuen Wert bewertet werden.
Der Gesetzestext lässt keinen eindeutigen Schluss zu. Die Folgen einer solchen Rückwirkung könnten finanziell erheblich sein. Denn die zeitlich früher erworbenen Immobilien wurden bislang zu ihrem Kaufpreis oder ihrem Katasterwert angegeben und die Einführung des Referenzwerts als Kriterium für die Bewertung dieser Immobilien könnte daher zu einer empfindlichen Erhöhung der Steuern führen, die darüber hinaus auch auf sämtliche künftigen Vermögensteuererklärungen auswirken würde.
Ohne eine solche Rückwirkung wären Grundstücke, die vor dem Inkrafttreten des Kataster-Referenzwerts erworben wurden, nicht betroffen und würden weiterhin mit dem Katasterwert, dem von der Verwaltung festgestellten Wert oder dem Preis oder der Gegenleistung zum Zeitpunkt des Erwerbs besteuert, je nachdem, welcher Wert höher ist.
Infolge des unklaren Gesetzestext waren bislang entsprechend gegensätzliche Meinungen zu dieser Auslegungsfrage vertreten worden. Dies hat auch deswegen erhebliche Folgen, da zwar in den neuen Verordnungen zur Grunderwerbsteuer („Impuesto de Transmisiones Patrimoniales, ITP“) und zur Erbschaft- und Schenkungsteuer („Impuesto de Sucesiones y Donaciones, ISyD“) festgelegt ist, wie der Katasterreferenzwert angefochten werden kann, nicht aber im Bereich der Vermögensteuer. Daher wird vertreten, dass die Anwendung des Katasterreferenzwerts im Rahmen der Vermögensteuer verfassungswidrig sei, da sie das Recht auf Verteidigung verletzen würde.
Die spanische Generaldirektion des Katasters („Dirección General del Catastro, DGC“) hat nunmehr entschieden, dass der Referenzwert nur auf die Immobilien angewandt wird, die nach dem 1. Januar 2022 erworben wurden.
Das Katasteramt geht davon aus, dass der Referenzwert jeder Immobilie als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbssteuer und die Stempelsteuer („Actos Juridicos Documentados“, AJD“) sowie die Erbschafts- und Schenkungsteuer dient (es sei denn, der erklärte Preis oder die Gegenleistung ist höher, wobei der Referenzwert der Immobilie die Mindestbemessungsgrundlage für diese Steuern darstellt).
Bei erstmaligen Ausfertigungen von öffentlichen Urkunden über Immobilien die Vermögensübertragungsteuer und AJD unterliegen, darf die Steuerbemessungsgrundlage, wenn sie auf der Grundlage des Immobilienwerts ermittelt wird, nicht unter dem Referenzwert liegen.
Daher wird der Referenzwert nur in den Fällen, in denen dieser die Steuerbemessungsgrundlage für die auf den Erwerb einer Immobilie erhobene Steuer war, bei der Anwendung der Regel zur Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage für die Vermögensteuer, der sie gegebenenfalls unterliegt, berücksichtigt.
Folglich kann sich der Referenzwert nur auf die Vermögensteuer für Immobilien auswirken, die ab dem 1. Januar 2022 erworben werden, und keinesfalls auf bereits vorhandene Vermögenswerte.
©2022 Verfasser Neubewertung Vermögensteuer Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht