Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Verjährung Steuerhinterziehung nach der Reform des Steuerstrafrechts in Spanien

Verjährung Steuerhinterziehung nach der Reform des Steuerstrafrechts in SpanienRechtsvergleich Verjährung Steuer Spanien – Deutschland

Während es in Deutschland, insbesondere nach der sogenannten Liechtensteinaffäre und Ankäufen von CDs mit persönlichen Daten von Steuerflüchtigen in den Jahren 2008 – 2010 und zu nachfolgenden Durchsuchungen bei bekannten Persönlichkeiten bis in die jüngste Zeit hinein gekommen war, welche nach Medienveröffentlichungen zu ca. 30.000 Selbstanzeigen mit Nachzahlungen unterdrückter Steuerbeträge in Höhe von ca. 1 Milliarde Euro geführt haben sollen, wurden in Spanien in den Jahren 2011 und 2012 infolge der Wirtschaftskrise gesetzliche Maßnahmen gegen den Steuerbetrug zum Anreiz von Selbstanzeigen und daraus folgender Amnestie unternommen, die aber im Ergebnis aus Sicht der Steuerbehörden insoweit fehlgingen, als sie nur zu ca. 40.000 Selbstanzeigen und bei weitem nicht zu den erhofften Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe geführt hatten. Die vorliegende Bearbeitung Verjährung Steuer Spanien zeigt die Unterschiede im deutschen und spanischen Steuerrecht, Fristen und Folgen im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung auf.

Als Folge insbesondere der Liechtensteinaffäre wurden in Deutschland mit dem Jahressteuergesetz 2009 die strafrechtliche Verjährungsfrist für besonders schwere Fälle von Steuerhinterziehung von 5 Jahren auf 10 Jahre erweitert und durch das Steuerhinterziehungbekämpfungsgesetz sowie die entsprechende Verordnung erhöhte Mitwirkungs- und Nachweispflichten bei Beziehungen zu sogenannten Steueroasen durch den Steuerpflichtigen beschlossen. Das Gesetz dient der Umsetzung der von der OECD entwickelten Standards zur Transparenz und zum Auskunftsaustausch in Steuersachen und der Stärkung der Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzämter bei grenzüberschreitender Steuerhinterziehung. Die Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung wurde damit in der Abgabenordnung (s. § 370 AO) angepasst, mithin auch die Festsetzungfrist, nach der nun hinterzogene Steuern über einen Zeitraum bis zu zehn Jahren von den Finanzämtern festgesetzt und erhoben werden können. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten zwar für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren hinterzogene Steuern von den Finanzbehörden eingetrieben werden, hingegen die Straftat selbst in besonders schweren Fällen von Steuerhinterziehung nur bis zu fünf Jahren strafrechtlich verfolgt werden. Bei Eintritt der Festsetzungsverjährung konnte das Finanzamt einen Steuerbescheid weder mehr erlassen, noch ändern oder aufheben.

Verjährung Steuer Spanien

In Spanien modifiziert das Gesetz 7/2012 vom 27.12. mit ähnlichen Fristen das spanische Strafgesetzbuch („Código Penal“, CP), worunter sich auch Änderungen der in den Art. 305 und 305 bis CP geregelten Steuerdelikte gegen die Finanzverwaltung befinden.

Der nun aktuelle Art. 305 CP besagt, dass wer durch Handlung oder Unterlassung Steuern der staatlichen, autonomen, foralen oder lokalen Finanzverwaltung hinterzieht, indem er die Pflicht zur Zahlung oder Erklärung zu zahlender Beträge nicht vornimmt, mit Haftstrafe von ein bis fünf Jahren bestraft wird, sofern die Summe der so hinterzogenen Steuern 120 000 € übersteigt.

Des Weiteren ermöglicht Art. 305.7 CP über die zivilrechtliche Haftung vom Steuerschuldner die bisher nicht beglichene Summe der Steuerschuld einzufordern.

Im darauffolgenden Artikel 305 bis CP wird sodann der schwere Fall der Steuerhinterziehung geregelt, der aktuell folgendes vorsieht: Steuerhinterziehung wird mit Haftstrafe von zwei bis sechs Jahren bestraft, wenn die Summe der hinterzogenen Steuern 600 000 € übersteigt.

Diese Änderungen beinhalten desweiteren, dass es in strafrechtlicher Hinsicht aktuell zwei Verjährungsfristen für Steuerhinterzug, abhängig von der unbeglichenen Steuerschuld, gibt. Das Delikt des Art. 305 CP mit unterdrückten Beträgen in Höhe von 120 000- 600 000 € verjährt nach fünf Jahren, während das Delikt des Art. 305 bis CP mit einer Steuerhinterziehung von mehr als 600 000 € nach zehn Jahren verjährt.

Verjährung Steuer Spanien – Fristen

Die Verjährungsfristen dieser beiden Delikte unterscheiden sich allerdings von der in der spanischen Abgabenordnung (Ley General Tributaria) geregelten, allgemeinen Steuerverjährungsfrist von vier Jahren. Im Falle der Verfristung mit Ablaufs dieser vier Jahre, und nur sofern dabei keine Unterbrechung der Frist stattfindet, hat die Finanzverwaltung das Recht auf die Beanspruchung der Steuerschuld auf administrativem Wege verloren.

Diese „Zeitverschiebung“ der Fristen wirft jedoch nun die Frage auf was geschieht, wenn die Steuerverjährung administrativ nach vier Jahren abläuft, allerdings die Verjährung des strafrechtlichen Deliktes noch nicht abgelaufen ist. Steht in diesem Falle die Bezahlung der Steuer noch weiter im Raum oder ist lediglich die im spanischen Strafgesetzbuch vorgesehene Strafe zu erfüllen?

Aus dem bereits erwähnten Art. 305. 7 CP wird gefolgert, dass die Steuerschuld Teil der zivilrechtlichen Haftung, abgeleitet aus dem Steuerdelikt, sei.

Diese Auffassung bestätigte bereits auch der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo) in seinem Urteil Nummer 636/2003 vom 30.05.2003, in welchem er der Tendenz der Rechtsprechung folgt und festlegt, dass die Steuerschuld, die sich aus dem Delikt ergibt nicht verjährt, obwohl bereits die Steuerverjährung von vier Jahren abgelaufen ist.

Andere Entscheidungen folgerten, dass eine aus dem strafrechtlichen Delikt abgeleitete zivilrechtliche Haftung zu verneinen sei. Die geschuldete Summe könne nur auf verwaltungsrechtlichen Weg geltend gemacht werden. Argument hierfür sei zudem, dass die Steuerschuld nicht die Konsequenz des Deliktes sei, sondern im Gegenteil den Grund des Deliktes darstelle.

Dem entgegen entschied der Oberste Gerichtshof, dass das strafrechtliche Urteil sehr wohl die Steuerschuld bestimmt und demzufolge die zivilrechtliche Haftung der Steuerzahlung neben der Haftstrafe aus Deliktsrecht folgt und somit keine Verfristung vorliegt.

Schon in seinem Urteil 2069/2002 vom 5.12. begründete der Oberste Gerichtshof seine Entscheidung damit, dass die zivilrechtliche Haftung für ein Delikt neben der strafrechtlichen  bestehen kann und dass die Zivilklage nicht aus dem Sachverhalt der dem Delikt vorausgehenden Steuerschuld, sondern aus dem Delikt selbst entsteht.

Verjährung Steuer Spanien – Strafrecht und Verwaltungsrecht

In seinem Urteil vom 30.05.2003 führte der Oberste Gerichtshof weiter aus, dass Vorgehen bzgl. der nach vier Jahren verjährenden Handlungen sich auf solche Schulden beziehen, welche die Verwaltung noch einfordern kann, was solche von über 120 000 € liegenden Beträgen und Ablauf der Frist zur freiwilligen Zahlung ausschließt, da dies der Moment ist, in welchem der Straftatbestand erfüllt wird, da sodann bzgl. dieser Beträge auch Zuständigkeit des Strafgerichts eintritt. Wenn es sich also um Steuerstraftatbestände handelt, hängt die Möglichkeit der Einforderung der in Rede stehenden Beträge von der Geltendmachung der deliktischen Haftung ab, welche unabhängig der Folgen administrativer Steuerpflichten ist.

Damit entsteht eine Divergenz zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht. Der Strafrichter kann den Angeklagten zur Bezahlung der hinterzogenen Steuersumme auf Basis einer zivilrechtlichen Haftung verurteilen, unbeschadet dessen, ob dieses Recht auf verwaltungsrechtlichem Wege bereits verjährt ist.

Allerdings kommt es in den Art. 305.4 und 305.6 CP zu zwei weiteren wichtige Neuerungen im Rahmen des Gesetzes 7/2012 vom 27.12..

Der Erstgenannte regelt die neue sogenannte freisprechende Rechtfertigung („excusa absolutoria“). Diese besagt, dass wenn ein Steuerschuldner nach Ablauf der regulären Frist zur Steuererklärung, aber noch bevor er von dem Finanzamt aufgefordert oder den Gerichten vorgeladen wird, seine Steuerschuld bezahlt, diese Situation einer fristgerechten Zahlung gleichgestellt wird.

Damit entfallen trotz Verzug die Voraussetzungen der Erfüllung des Delikts.

Art. 305.6 CP sieht die Möglichkeit des Richters vor, die Haftstrafe dann um ein bis zwei Grade herabzusetzen, wenn der Angeklagte vor Ablauf von zwei Monaten nach richterlicher Vorladung den Tatbestand anerkennt und seine Steuerpflicht erfüllt.

Wenn also die konkrete Haftstrafe weniger als ein Jahr beträgt, wird der Angeklagte, sofern er keine Vorstrafen hat, diese in der Praxis in den wenigsten Fällen antreten.

In Deutschland kann eine vollendete Steuerhinterziehung hingegen dann straffrei ausgehen, wenn der Täter sich bereits vor Aufdeckung der Tat durch die Finanzbehörde selbst anzeigt (§ 371 AO), mithin die Finanzbehörde noch keine Kenntnis von der Steuerhinterziehung gehabt haben darf. Bei der leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) die „lediglich“ eine Ordnungswidrigkeit darstellt, steht es, anders als bei  der Hinterziehung, im Ermessen der Finanzbehörden die Angelegenheit zu verfolgen.

Anders als in Spanien bleibt die strafrechtliche Regelung im Zusammenhang mit steuerrechtlichen Sachverhalten mit Ausnahme der Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 355 StGB) nach wie vor der Abgabenordnung vorbehalten.

Verfolgungsverjährung tritt schließlich nunmehr in Deutschland wie in Spanien in jedem Fall der Steuerhinterziehung mit Ablauf von 10 Jahren ein.

©2013 Verfasser Verjährung Steuer Spanien:  F. Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Entwurf „Gesetz gegen den Steuerbetrug“ Spanien 2012

Weitere Informationen zum Thema Steuerrecht Spanien

Zu Folgen von Säumnis bei der Steuerzahlung in Spanien, Fristüberschreitung und Höhe Verspätungszuschlag s. hier

31. August 2013 von Frank Dieter Müller
Kategorien: Aktuelles aus Spanien, Recht und Gesetz Spanien, Steuerrecht Spanien | Schlagwörter: , , , | Schreibe einen Kommentar