Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Einschneidende Maßnahmen zur Bekämpfung von Verkürzung und Verlagerung von Gewinn und Steuern- OECD und EU-Kommission  

Einschneidende Maßnahmen zur Bekämpfung von Verkürzung und Verlagerung von Gewinn und Steuern- OECD und EU-Kommission  

Parallel und teilweise konkurrierend haben die OECD wie auch die EU-Kommission zum Jahresende 2016 einschneidende Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung bzw. Gewinnverlagerung und damit der Steuern von Unternehmen ergriffen.

 

 I. OECD veröffentlicht Multilaterales Instrument zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung  

Mit Datum vom 24.11.2016 hat die OECD eine „Multilateral Convention to Implement Tax Treaty Related Measures to Prevent Base Erosion and profit shifting (BEPS)“ veröffentlicht. Gleichzeitig wurde ein so genanntes „Explanatory Statement“ ausgearbeitet.

Der Text liegt in englischer und französischer Sprache auf der homepage der OECD vor.

Erst im Jahre 2012 war auf dem G20-Gipfel von Los Cabos ein entschiedeneres Vorgehen der Staatengemeinschaft gegen Base Erosion and Profit Shifting – BEPS gefordert und der OECD im November des Jahres ein entsprechendes Mandat erteilt worden, Maßnahmen gegen die sogenannte Aushöhlung der Steuerbasis und die Gewinnverlagerung (BEPS) zu erarbeiten.

Nach einem ersten BEPS-Bericht im Februar 2013 und der Veröffentlichung des BEPS-Aktionsplans im Juli 2013  hatte die OECD im Jahre 2014 erste Empfehlungen vorgelegt, um mithilfe internationaler Koordination gegen legale Steuervermeidung in multinationalen Unternehmen vorzugehen. Aggressive Steuerplanung stelle ein ernstes Risiko für faire Steuersysteme weltweit dar; das Projekt soll Regierungen dabei unterstützen, ihre Steuerbasis zu schützen und mehr Sicherheit für Steuerzahler zu schaffen, dabei aber auch Doppelbesteuerungen und Einschränkungen für grenzüberschreitende Wirtschaftsaktivitäten zu vermeiden. In ihrem Aktionsplan hatte die OECD 15 Schlüsselprobleme des gegenwärtigen Steuersystems identifiziert, die sie bis 2015 angehen wollte. Nach Veröffentlichung vorläufiger Berichte zu den Aktionspunkten 1, 2, 5, 6, 8, 13 und 15 im September 2014 wurden 1 Jahr später Berichte zu sämtlichen Aktionspunkten mit konkreten Empfehlungen veröffentlicht, die am 8. Oktober 2015 in Lima durch die Finanzminister der G20-Länder sowie im November 2015 in Antalya durch die  G20-Regierungschefs gebilligt wurden.

Bis zum Herbst 2016 sollten die offenen Arbeiten, u.a. zu Verrechnungspreisgrundsätzen, erledigt werden und die Umsetzung des Aktionsplans erfolgen. Anfang 2015 war die OECD vom Committee for Fiscal Affairs der OECD (CFA, OECD-Steuerausschuss) ermächtigt worden, ein so genanntes multilaterales Instrument (MLI) zur Umsetzung der im Rahmen des BEPS-Projekts entwickelten und auf den Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) bezogenen Initiativen in allen Abkommen der Teilnehmerstaaten effizient unter Vermeidung langwieriger individueller Anpassungen der Vielzahl unterzeichneter DBA zu erarbeiten. Hierzu wurde eine zur Teilnahme und Unterzeichnung offene und freiwillige Ad-Hoc-Arbeitsgruppe von Staaten unter der Schirmherrschaft der OECD/G20 einberufen. Mehr als 100 Länder haben dieses MLI zur Umsetzung in weltweit mehr als 2000 Steuerabkommen verhandelt.

Das zeitliche Ziel, die damit verbundenen Arbeiten bis Ende 2016 abzuschließen konnte mithin erreicht werden. Das Multilateral Instrument beinhaltet zum einen Pflichtelemente, so genannte Minimum Standards, sowie weitere für die teilnehmenden Staaten frei wählbare Elemente des Aktionsplans. Verpflichtend bspw. ist eine Schiedsgerichtsbarkeitsklausel, allerdings mit Einschränkungen zur Anwendung des Schiedsverfahrens, so bspw. bei doppelter Nichtbesteuerung und anderen Ausnahmetatbeständen.

Das Abkommen kann ab dem 31.12.2016 unterzeichnet werden. Bis zur im Juni 2017 in Paris geplanten, offiziellen Unterzeichnungszeremonie haben die Staaten die Aufgabe, eine noch vorläufige Liste derjenigen DBA, die durch das MLI geändert werden sollen, an die OECD und ggf. Optionen und Vorbehalte mitzuteilen, um es dieser zu ermöglichen einen Abgleich der Meldungen und spätere Änderungen der DBA durch das MLI vorzunehmen. Änderungen, die nicht in diesem Rahmen unterschrieben werden, können allerdings auch im Rahmen von bilateralen DBA-Verhandlungen erfolgen. Da nach alledem noch die Notifizierung der innerstaatlichen Umsetzung gegenüber der OECD zu erfolgen hat, ist kaum vor dem Jahr 2018 mit einem Inkrafttreten geänderter DBA  zu rechnen.

Die Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung ist Staaten weltweit ein zentrales Anliegen. Zusätzlich zur Sicherung der Steuereinnahmen besteht das Ziel des BEPS-Projekts darin, einheitliche internationale Steuervorschriften, mithin eine Ertragsteuerharmonisierung zu schaffen. Dabei sollen einerseits Doppelbesteuerung, ungerechtfertigter Erfüllungsaufwand oder Beschränkungen rechtmäßiger grenzüberschreitender Tätigkeiten ebenso vermieden werden wie andererseits doppelte Nichtbesteuerung oder andere Besteuerungsumgehungen.

 

II. Vorschlag der EU-Kommission zur umfassenden Reform der Unternehmensbesteuerung 

Mit Datum vom 25. Oktober 2016 hat die EU-Kommission Richtlinienvorschläge für eine umfassende Reform der Besteuerung von Unternehmen im Binnenmarkt veröffentlicht, um auf diese Weise ein wachstumsfreundliches und faires System der Unternehmensbesteuerung zu schaffen, Steuerschlupflöcher zwischen EU und Drittstaaten zu schließen und neue Doppelbesteuerungsregeln im Bereich der Unternehmenssteuern aufzustellen.

Konkrete Schlüsselelemente dieses Reformpakets sollen eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), die Bekämpfung hybrider Gestaltungen mit Ländern außerhalb der EU und die Streitbeilegung in Doppelbesteuerungsangelegenheiten in der EU sein. Besonderes Augenmerk liegt hier auf zwei Richtlinienvorschlägen zur Einführung einer Gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), die in zwei Schritten erfolgen soll. Nach dem ersten Schritt einer Einigung über eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer, soll in einem zweiten Schritt die Konsolidierung eingeführt werden.

  1. Die gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)

Zwar war bereits im Jahr 2011 die GKKB mit dem Ziel vorgeschlagen worden, den Binnenmarkt für Unternehmen zu stärken. Allerdings konnten die Mitgliedstaaten keine Einigung erzielen. Nach Konsultation von Mitgliedstaaten, Unternehmen, Zivilgesellschaft und des Europäischen Parlaments werden mit dem aktuellen Vorschlag die unternehmensfreundlichen Elemente des vorherigen Vorschlags verstärkt, um so grenzüberschreitend tätige Unternehmen bei der Reduzierung von Kosten und Verwaltungsaufwand zu unterstützen, die Innovation zu fördern und die Wirtschaftstätigkeit im Binnenmarkt zu erleichtern. Darüber hinaus sollen gleiche Ausgangsbedingungen für multinational tätige Unternehmen in Europa geschaffen werden, indem Steuerschlupflöcher geschlossen werden.

Mit der GKKB soll Unternehmen damit erstmals ein einheitliches Regelwerk zur Berechnung ihrer steuerbaren Gewinne in der gesamten EU an die Hand geben.

Diese Maßnahme betrifft aber nicht die Körperschaftsteuersätze, die nach wie vor Angelegenheit der nationalen Souveränität eines jeden Mitgliedsstaates bleiben.

Geschaffen werden soll vielmehr ein transparenteres, effizienteres und gerechtes System zur Berechnung der Steuerbasis grenzüberschreitend tätiger Unternehmen, was zu einer grundlegenden Reform der Unternehmensbesteuerung in der EU führen soll.

Das neue System findet verpflichtende Anwendung auf die großen multinationalen Konzerne, die über die größten Kapazitäten für aggressive Steuerplanung verfügen, um zu gewährleisten, dass diese Unternehmen mit weltweiten jährlichen Erträgen von über 750 Mio. EUR ihre Gewinne tatsächlich dort besteuern, wo sie erwirtschaftet werden.

Verbesserung des Binnenmarktes für Unternehmen  

Sämtlichen Unternehmen, mithin auch kleinerer und mittlerer Größe (KMU) Unternehmen soll mit diesem einheitlichen Regelwerk zur Berechnung ihrer steuerbaren Gewinne in der gesamten EU ein Werkzeug an die Hand gegeben werden, das den Gang ins Ausland erleichtert, denn sie sollen bei ihrer inländischen Steuerverwaltung eine einzige Steuererklärung für ihre gesamten Tätigkeiten in der EU abgeben können. Die in einem Mitgliedstaat erzielten Gewinne sollen mit Verlusten aus einem anderen Mitgliedstaat zu verrechnen sein und Doppelbesteuerung beseitigt werden, wodurch die Rechtssicherheit im Steuerbereich durch ein stabiles, transparentes EU-weites System für die Besteuerung von Unternehmen verstärkt werde. Compliance-und Verwaltungstätigkeiten für Tochtergesellschaften sollen sich dadurch erheblich verringern.

Bekämpfung der Steuervermeidung  

Die Maßnahmen der GKKB sollen Diskrepanzen zwischen nationalen Systemen beseitigen und damit Steuerplanung und somit Steuervermeidung wie die Nutzung von Steuervergünstigungen oder Verrechnungspreismechanismen in der EU beseitigen, aber auch das Verlagern von Gewinnen ins EU-Ausland vermeiden.

Förderung von Wachstum, Arbeitsplätzen und Investitionen in der EU  

Neben Wachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen durch gleiche Wettbewerbsbedingungen und Verringerungen von Kosten und Verwaltungsaufwand soll die GKKB auch erhöhte Abzüge für Forschungs- und Entwicklungskosten gewähren, da dieser Bereich einen wichtigen Wachstumsmotor darstelle. Innovation soll mithin durch steuerliche Anreize für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten gefördert werden, die mit einer realen Wirtschaftstätigkeit verbunden sind.

Mit einem Freibetrag für die Beschaffung von Beteiligungskapital werden Maßnahmen ergriffen, um den Anreizen im Steuersystem für Fremdfinanzierung anstelle Beteiligungskapital entgegenzuwirken und Finanzstabilität durch stärkere Eigenkapitalbasis zu schaffen. Ein fester Satz des neuen Eigenkapitals von Unternehmen, der sich aus einem risikofreien Zinssatz und einer Risikoprämie zusammensetzt, soll jedes Jahr steuerlich abzugsfähig sein. Aktivitäten von Unternehmen sollen durch Eigenkapital und durch die Erschließung von Märkten anstelle durch Schulden finanziert werden.

  1. Streitbeilegung in Doppelbesteuerungsangelegenheiten

Mit einem Vorschlag für ein verbessertes System zur Beilegung von Streitigkeiten im Bereich der Doppelbesteuerung in der EU, die aktuell ein Volumen von 10,5 Mrd. Euro haben, soll das derzeitige Streitbeilegungsverfahren über Doppelbesteuerungen, die als ein wesentliches Hindernis für Unternehmen, das Rechtsunsicherheit, unnötige Kosten und Liquiditätsprobleme schafft, angesehen würden, verbessert und dadurch den Bedürfnissen der international agierenden Unternehmen gerechter werden. Hierbei sollen mehr Fälle von dem System profitieren und Fristen für die Einigung über Doppelbesteuerungsfragen festgelegt werden.

  1. Bekämpfung hybrider Gestaltungen mit Ländern außerhalb der EU

Der aktuelle Vorschlag vervollständigt die bereits im Juli angenommene Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung, die bereits Bestimmungen über den Umgang mit hybriden Gestaltungen innerhalb der EU enthält, indem er auch auf hybride Gestaltungen mit Drittländern außerhalb der EU eingeht. Durch so genannte hybride Gestaltungen werden Unterschiede zwischen Steuersystemen verschiedener Ländern für die Besteuerung bestimmter Einkünfte oder Rechtsträger ausgenutzt, die dazu führen können, dass Unternehmen in keinem der Länder besteuert werden.

Die Legislativvorschläge der Kommission werden nun dem Europäischen Parlament zur Konsultation und dem Rat zur Annahme übermittelt.

 

Sollten Maßnahmen wie die Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage der EU-Kommission letztlich greifen, so könnten diese die Maßnahmen gegen die so genannte Aushöhlung der Steuerbasis und die Gewinnverlagerung der OECD obsolet machen.

 

Länderliste DBA Deutschland

Länderliste DBA Spanien

 

Zum aktuellen DBA Deutschland -Spanien

 

©2016 Verfasser: F. Müller, Rechtsanwalt, Abogado, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

09. Dezember 2016 von Frank Dieter Müller
Kategorien: Berichte aus Spanien u. EU | Schlagwörter: , , , , , , , , | Kommentare deaktiviert für Einschneidende Maßnahmen zur Bekämpfung von Verkürzung und Verlagerung von Gewinn und Steuern- OECD und EU-Kommission