Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Umsatzsteuer EU

Umsatzsteuer EU

Umsatzsteuer EU – neue Regelungen ab 1.1.2020

Im Bemühen um die Durchsetzung eines einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraums hat die EU-Kommission mittels Sofortmaßnahmen (engl. Quick Fixes) zum 1. Januar 2020 mit dem Ziel der Verhinderung von Steuerausfällen und Steuerbetrug sowie der Verringerung von administrativem Aufwand und der Komplexität der Besteuerung, neue Mittel zur Harmonisierung und Vereinfachung des innergemeinschaftlichen Warenhandels und Dienstleistungsverkehrs geschaffen. Der vorliegende Artikel „Umsatzsteuer EU“stellt die so genannten Quick Fixes und deren Umsetzung in Deutschland sowie Spanien dar.

Rechtsgrundlagen sind die EU-Richtlinie 2018/1910 des Rates vom 4. Dezember 2018 zur Änderung der MwSt-Systemrichtlinie und die Durchführungsverordnung 2018/1912 vom 4. Dezember 2018 (zur Änderung der Durchführungsverordnung 282/2011), die als unmittelbar geltendes Recht gemäß den entsprechenden Bestimmungen am 1.1.2020 direkt in Kraft tritt. Die Richtlinie bedarf der Umsetzung durch die EU-Mitgliedstaaten bis 31.12.2019 (RiLi 2018/1910, Artikel 2), um auch diese mit dem 1.1.2020 in Kraft treten zu lassen.

Bereits am 2.10.2018 hatte der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der EU Änderungen der MwSt-Systemrichtlinie sowie der MwSt-Verordnung beschlossen. Es sollten u.a. Regelungen zum Konsignationslager getroffen werden, nach der die Verbringung von Waren eines Unternehmers in ein in einem anderen EU-Mitgliedstaats belegenen Konsignationslager nicht als Lieferung gilt und damit eine Registrierungspflicht im Ausland entfällt. Innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb sollten erst im Moment der Warenentnahme aus dem Konsignationslager erfolgen.
Von den Änderungen sind neben Konsignationslagern auch Reihengeschäfte sowie Voraussetzungen und Nachweise für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen betroffen.

Umsatzsteuer EU – Quick Fixes

Die „Quick Fixes“ sind Maßnahmen im Rahmen der großen Mehrwertsteuerreform, die sukzessive bis 2022 die Mehrwertsteuersystemrichtlinieändert. Mit diesen Quick Fixes werden die Vorschriften für die folgenden Vorgänge überarbeitet:

  • Innergemeinschaftliche Lieferung
  • Innergemeinschaftliches Verbringen
  • Konsignationslager
  • Reihengeschäfte

Drei der vier Änderungen stellen Änderungen an der Mehrwertsteuersystemrichtlinie dar. Sie werden somit erst nach der Umsetzung in den einzelnen nationalen Gesetzen in den jeweiligen Mitgliedstaaten wirksam.

In Deutschland hat die Bundesregierung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2019 Gesetzesentwürfe für die Umsetzung der Quick Fixes eingebracht:

Umsatzsteuer EU – Innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1b UStG-E)

Die Änderung versagt die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung, wenn der liefernde Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung nicht, unvollständig oder nicht richtig nachkommt und verpflichtet eine ggf.  falsche Meldung nachträglich zu berichtigen. Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL stellt dabei klar, dass nur die Umsatzsteuerfreiheit der betreffenden, unrichtig oder unvollständig erfassten Lieferung entfällt.

Die unmittelbar geltende Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung. Art. 45a MwSt-DVO (neu) enthält eine Vermutung des Transports eines Gegenstandes von einem Mitgliedstaat in einen anderen, bei Vorliegen bestimmter Belege. Da es sich insoweit um eine Vermutungsregelung handelt, können bzgl. der grenzüberschreitenden Bewegung auch andere Nachweise erbracht werden.

Die Änderungen sind ab Inkrafttreten zum 1.1.2020 anwendbar (Art. 26 Abs. 2 JStG-E i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG).

Umsatzsteuer EU – Konsignationslager (§ 6b UStG-E, § 1a, § 3 Abs. 1a, § 18a Abs. 6 u. 7, 22 Abs. 4f u. 4g UStG-E)

Bislang gab es keine EU-einheitliche Regelung zum Konsignationslager. Das deutsche Umsatzsteuergesetz enthielt bislang keine Regelung. § 6b UStG-E definiert nunmehr das Vorliegen eines Konsignationslagers („call off- stock)“.

Ein Warengegenstand wird seitens einem Unternehmer von einem Mitgliedsstaat aus in einen anderen Mitgliedsstaat zu dem Zweck verbracht, dass der Gegenstand dort verkauft wird. Dabei erfolgt der Transport zu dem Zweck, dass nach dem Ende der Beförderung oder Versendung die umsatzsteuerliche Lieferung an einen Erwerber bewirkt werden soll.

Dabei müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Lieferung an einen Erwerber, dessen vollständiger Name und Anschrift dem Unternehmer zu Beginn der Beförderung oder Versendung des Gegenstandes bekannt ist.
  • Der Unternehmer verfügt im Bestimmungsmitgliedsstaat weder über Sitz noch Geschäftsleitung, Betriebsstätte, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt.
  • Der Erwerber der Ware verwendet gegenüber dem Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine ihm vom Bestimmungsmitgliedsstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Er hat dabei Aufzeichnungspflichten gemäß § 22 Abs. 4g UStG-E erfüllen.
  • Der Unternehmer zeichnet die Beförderung oder Versendung ebenso nach den den Bestimmungen des § 22 Abs. 4f UStG-E auf und kommt seiner Pflicht zur Aufnahme des späteren Erwerbers in die zusammenfassende Meldung nach.
  • Der Lieferungsvorgang an den Erwerber muss innerhalb von 12 Monaten bewirkt sein.

Die Änderungen sind ab Inkrafttreten zum 1.1.2020 anwendbar (Art. 26 Abs. 2 JStG-E i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG).

Umsatzsteuer EU – Reihengeschäfte (§ 3 Abs. 6a UStG-E)

§ 3 Abs. 6a UStG-E setzt die durch Art. 36a MwStSystRL geschaffene Definition des Reihengeschäfts im innergemeinschaftlichen Handel in nationales Recht um.

Reihengeschäfte sind dementsprechend mehrere aufeinanderfolgende Lieferungen von Gegenständen, wobei diese aus einem Mitgliedsstaat in einen anderen Mitgliedstaat unmittelbar vom ersten Lieferer bis zum letzten Erwerber versendet oder befördert werden und damit eine einzige innergemeinschaftliche Beförderung bewirken. Unbeschadet des einen Warenwegs können umsatzsteuerrechtlich, je nach Länge der Kette, zwei oder mehrere selbstständige Lieferungen vorliegen. Wird die Ware in einen anderen Staat transportiert, ist eine dieser Lieferungen eine umsatzsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung, bei den übrigen Lieferungen handelt es sich jeweils um lokale Lieferungen im Ursprungs- oder im Bestimmungsland. Die Regelungen zur Bestimmung der einen bewegten und der übrigen ruhenden Lieferungen werden nun europaweit vereinheitlicht.

Unmittelbar im obigen Sinne bedeutet, dass die Transportverantwortung beim gesamten Transport nur bei einem einzigen Unternehmer liegt. Die Warenbewegung wird daher nur einer der Lieferungen zugeordnet, welcher sodann die vorgesehene Steuerbefreiung zusteht.

  • Wird der Gegenstand durch den ersten Unternehmer befördert oder versendet, so wird die Warenbewegung der Lieferung dieses ersten Unternehmens zugeordnet.
  • Nimmt der letzte Abnehmer in der Reihe die Versendung oder Beförderung vor, so wird die Warenbewegung diesem letzten Abnehmer zugeordnet.
  • Als Zwischenhändler wird der Lieferer innerhalb der Reihe mit Ausnahme des ersten Lieferers angesehen, der die Gegenstände selbst oder auf eigene Rechnung durch einen Dritten versendet oder befördert. Bei Beförderung durch den Zwischenhändler ist die Warenbewegung grundsätzlich der Lieferung an diesen zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er als Lieferer und nicht als Abnehmer befördert oder versendet. Verwendet er eine durch den Ursprungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteueridentifikationsnummer, gilt die grds. Vermutung der Lieferung durch den Zwischenhändler als widerlegt.
    Im Einfuhrfall, d.h., betrifft die Lieferung eine Einfuhrlieferung in die EU, so gilt mit der Anmeldung zum zoll- und steuerrechtlichen freien Verkehr, die durch den Zwischenhändler ausgeführte Lieferung als warenbewegte Lieferung.

Die Änderungen sind ab Inkrafttreten zum 1.1.2020 anwendbar (Art. 26 Abs. 2 JStG-E i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG).

Umsatzsteuer EU – Umsetzung Spanien

In Spanien steht die Umsetzung in nationales Recht aus. Die politische Situation und die erforderlichen Neuwahlen machten eine fristgemäße Erledigung der Umsetzung der Richtlinie zur Umsatzsteuer bis zum Stichtag 31.12.2019 nicht möglich.

©2020 Verfasser Umsatzsteuer EU: F. Müller, Rechtsanwalt und Abogado, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- u. Gesellschaftsrecht

13. Januar 2020 von Frank Dieter Müller
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