Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Coronavirus Spanien – Ausgangssperre

Coronavirus Spanien - Ausgangssperre

Mit gestrigem Datum kommunizierte die spanische Regierung neue Maßnahmen zu einer totalen Ausgangssperre, die mit Wirkung zum 30.03. in Kraft treten und zunächst bis zum 9.4. Gültigkeit haben. Arbeitnehmer von Unternehmen welche demgemäß keine essenziellen Aktivitäten entfalten, dürfen sich nicht mehr an ihre Arbeitsstelle begeben. Der vorliegende Artikel – Coronavirus Spanien Ausgangssperre – erläutert den Entwurf des königlichen Dekrets (Real Decreto Ley 10/2020) und die dort geregelten Tätigkeiten, nicht von der Ausgangssperre betroffener Arbeitnehmer.

Coronavirus Spanien – Ausgangssperre und Ausnahmen

Für alle von der absoluten Ausgangssperre betroffenen Mitarbeiter gilt nun, über die bereits am 14.03. getroffenen Maßnahmen hinaus, dass die Arbeitnehmer welche keine essenziellen Tätigkeiten verrichten, grds. zuhause bleiben müssen, in dem genannten Zeitraum ihre Gehälter weiter erhalten und die verlorenen Arbeitszeiten nach der Krise nach und nach abzuarbeiten haben.
In Übereinstimmung mit Art. 18 des königlichen Dekrets 463/2020 (artículo 18 del Real Decreto 463/2020, de 14 de marzo), verstehen sich als essenziell die strikt unabdingbaren Aktivitäten welche zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung mit Gütern und Produkten zwingend erforderlich sind sowie damit verbundene Tätigkeiten welche Zulieferung, Ausstattung, Materialien, Grundstoffe, oder Dienstleistungen gemäß einer dort veröffentlichten Liste betreffen.

Gemäß dem Gesetz Ley 8/2011, de 28 de abril, in dem Maßnahmen zum Schutz kritischer Infrastrukturen festgelegt werden,  sind als notwendige Dienste solche anzusehen, welche die Aufrechterhaltung der fundamentalen sozialen Funktionen garantieren, wie Gesundheit, Sicherheit, soziales und wirtschaftliches Wohlergehen der Bürger oder der effizienten Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen und öffentlichen Verwaltungen.

Der Entwurf des oben bereits beschriebenen Gesetzes Real Decreto Ley 10/2020 legt eine neue Liste von essenziellen Tätigkeiten vor. Diese betrifft:

a) Arbeitnehmer von Unternehmen welche in Übereinstimmung mit den Artikeln 10.1, 10.4, 16 y 18, des Real Decreto 463/2020 vom 14. März ihre Tätigkeiten weiter führen
b)  Arbeitnehmer von Unternehmen welche in der Versorgung von Märkten und den Servicezentren der Herstellung von Artikeln der Grundversorgung, wie Nahrung, Getränken, Hygieneartikeln, sanitäre und pharmazeutischen Produkten und zum Vertrieb von der Herstellung bis zu den Verkaufsstellen tätig sind
c)  Arbeitnehmer von Unternehmen welche Transportleistungen, sowohl im Güter- wie auch im Personenverkehr erbringen, die seit Ausrufen des Alarmzustands ihre Tätigkeiten weiterführen sowie die Personen welche die Wartung der hierzu erforderlichen Mittel erbringen
d) Streitkräfte, Polizei und private Sicherheitskräfte
e)  Arbeitnehmer von Unternehmen welche in sanitären Einrichtungen und der Alten- sowie Behinderteneinrichtungen im Sinne des Art. 1 des Real Decreto-ley 9/2020, vom 27. März, wie auch in Forschungseinrichtungen im Zusammenhang mit dem COVID19-Virus tätig sind
f) Hausangestellte und private Pfleger deren Arbeitgeber essentielle Dienstleistungen erbringen
g)  Arbeitnehmer von Unternehmen welche Dienste an Verkaufspunkten von Presseartikeln und in Kommunikationsmitteln privater und öffentlicher Träger sowie deren Druck und Vertrieb erbringen
h)  Arbeitnehmer von Unternehmen in Finanzinstituten und Versicherungsunternehmen
i)  Arbeitnehmer von Unternehmen der Elektro, Metall- und Minenindustrie
j)  Arbeitnehmer von Unternehmen zur Herstellung von Bleibatterien sowie jedweden anderen Materials zur sanitären Pflege
k) Arbeitnehmer die in Produktionsanlagen ununterbrochener Herstellungsprozesse tätig sind oder deren Unterbrechung zu schweren Schäden der Anlage oder Unfallgefahr führen würde
l) Arbeitnehmer im Luft- und Raumfahrtwesen und der Verteidigung sowie anderer Tätigkeiten von strategischer Wichtigkeit für die nationale Wirtschaft
m)  Arbeitnehmer von Unternehmen der Telekommunikation und essenzieller Informatiktätigkeiten
n)  Arbeitnehmer von Unternehmen welche essenzielle Leistungen im Zusammenhang mit dem Schutz und der Hilfe für Opfer häuslicher Gewalt erbringen
ñ)  Arbeitnehmer von Unternehmen der Verwaltung der öffentlichen Hand, der öffentlichen Hilfen und öffentlichem Rechtsbeistand
o)  Arbeitnehmer von Unternehmen welche Dienstleistungen der Verwaltungshilfe, der Vorsorge von Arbeitsunfällen und im Allgemeinen Tätigkeiten der Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung erbringen
p)  Justizangestellte zur Erbringung der essentiellen Leistungen
q)  Arbeitnehmer von Bestattungsunternehmen
r)  Arbeitnehmer von Unternehmen welche Reinigungs- und Wartungsarbeiten bei Unternehmen der vorangehenden Unterpunkte erbringen
s)  Arbeitnehmer von Unternehmen welche bereits nach der bislang gültigen Regelung ihre Tätigkeiten vom home-office aus der Distanz erbringen, es sei denn es liegen andere kollektive oder Einzelvereinbarungen mit den Arbeitnehmern vor
t)  Arbeitnehmer die im og. Zeitraum vorübergehend arbeitsunfähig sind oder deren Arbeitsvertrag aus anderen gesetzlichen Gründen ausgesetzt wurde, wie die der Punkte d) und e) des Art. 45.1 des königlichen Dekrets (Real Decreto Legislativo 2/2015, de 23 de octubre) der den überarbeiteten Text des Arbeitnehmergesetzes verabschiedet
u) Als essenziell werden auch gewerkschaftliche Arbeiten angesehen.

Dementsprechend haben Unternehmen die solche essenziellen oder damit verbundenen Tätigkeiten erbringen:

– ihren Mitarbeitern das zu deren Schutz unabdingbare Material zu garantieren (hierzu gehört in Fällen in denen dies klinisch als angemessen erscheint, zur Vermeidung von unnötigen Quarantänen und zur Sicherung der Produktion die Durchführung von Tests von COVID19)

– ihren Mitarbeitern eine individuelle und unterzeichnete Autorisierung in physischer wie auch digitaler Form zur Verfügung zu stellen, in der die Art der essenziellen Tätigkeit und der Arbeitsstelle spezifiziert wird;

– Der Generaldirektion für Industrie und KMU (Dirección General de Industria y de la Pequeña y Mediana Empresa) jedwedes Vorkommnis mitzuteilen, das ein Risiko für die Kontinuität der Tätigkeit und Produktion oder für die Disponibilität oder Handlungsfähigkeit der Anlagen darstellt;

– Im Falle von Unternehmen welche annexe Leistungen für oben beschriebene Unternehmen mit essenzieller Tätigkeit erbringen, bedürfen diese eine Bescheinigung darüber, dass ihre annexen Leistungen von essenzieller Bedeutung sind.

Ebenso wie in der Bevölkerung wird auch in der Unternehmerschaft die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen, insbesondere im deutsch-spanischen Vergleich, kontrovers diskutiert. Teilweise wird die Verfassungsmäßigkeit angezweifelt oder die Maßnahmen als unverhältnismäßigen Eingriff angesehen.
Ohne die ein oder andere Ansicht hier zu bewerten, hofft der Verfasser, dass die als Folge der Maßnahmen zweifelsohne ganz erheblichen Einschränkungen verfassungsmäßig garantierter Freiheitsrechte zum Erfolg führen und die Zukunft zeigen wird, dass diese sich als verhältnismäßig erwiesen. Hierüber werden möglicherweise die Gerichte entscheiden, welche aktuell aus gleichen Gründen ihre Tätigkeit haben einstellen müssen.
Unternehmen bleibt in der jetzigen Situation zwischen Fürsorge für ihre Belegschaft, staatlichen Auflagen und Sanktionen sowie erheblichen wirtschaftlichen Folgen abzuwägen.

Link zum pdf des im Staatsanzeiger veröffentlichten Formulars der mitzuführenden Erklärung für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeit https://www.boe.es/boe/dias/2020/03/30/pdfs/BOE-A-2020-4196.pdf

©2020 Verfasser Coronavirus Spanien – Ausgangssperre: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Handels- u. Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

30. März 2020 von Frank Dieter Müller
Kategorien: Berichte aus Spanien u. EU | Kommentare deaktiviert für Coronavirus Spanien – Ausgangssperre