Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Steuern digitaler Nomaden

Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen in der EU - das Ende des Exequaturverfahrens

In mehreren Artikeln wurde in diesem blog und anderen Publikationen von dem neuen spanischen Start-up-Gesetz berichtet.
In den letzten Monaten kam es zu einer großen Zahl von Anfragen wegen vermeintlicher, außerordentlicher Steuervergünstigungen für digitale Nomaden oder Angestellte bzw. auch Geschäftsführer von Start-ups in Spanien nach der neuen gesetzlichen Regelung.
Tatsächlich finden sich im Netz unzählige, wenig seriöse Informationen zu solchen angeblichen Steuervergünstigungen oder Steuerbefreiungen in Spanien.
Der nachfolgende Beitrag informiert zu den tatsächlichen Steuern digitaler Nomaden in Spanien.

Aus dem Wortlaut des Gesetzes entnommen stellen sich realiter die Steuervergünstigungen des Start-up-Gesetzes so dar:

In Kapitel I des Titels I und in der zweiten und dritten Schlussbestimmung des spanischen Start-up-Gesetzes (Ley 28/2022, de 21 de diciembre, de fomento del ecosistema de las empresas emergentes) werden eine Reihe von Steueranreizen geschaffen, welche die besonderen Bedürfnisse dieser Art von Unternehmen begünstigen sollen. Um eine Aufsplitterung der Vorschriften zu vermeiden und um der Rechtstechnik willen werden die Steuergesetze, auf die sich die verschiedenen Maßnahmen beziehen, mit allgemeinem Charakter geändert.

Zunächst wird nach dem Vorbild anderer europäischer Länder die Erstbesteuerung von Start-ups erleichtert, indem der Körperschaftsteuersatz von derzeit 25 % für maximal vier Jahre auf 15 % gesenkt wird, sofern das Unternehmen seinen Status als start-up beibehält.

Darüber hinaus wird die Stundung von Steuerschulden in den ersten beiden Jahren der Tätigkeit auf alle Start-ups ausgedehnt.

Sodann wird mit dem Ziel, Talente anzuziehen und eine der Situation und den Bedürfnissen dieser Art von Unternehmen angepasste Vergütungspolitik zu gewährleisten, die Besteuerung von Vergütungsformeln verbessert, die auf der Übergabe von Aktien oder Beteiligungen an die Mitarbeiter dieser Unternehmen beruhen, den so genannten Aktienbezugsrechten (Stock options). 
So wird der Freibetrag von 12.000 auf 50.000 Euro pro Jahr für die Ausgabe von Aktien oder Beteiligungen an Mitarbeiter von aufstrebenden Unternehmen erhöht, wobei diese Befreiung auch dann gilt, wenn diese Ausgabe die Folge der Ausübung von Kaufoptionen ist, die ihnen zuvor gewährt wurden.
Darüber hinaus wird für den Teil der Einkünfte aus Sachleistungen, der diesen Betrag übersteigt, eine besondere Regel der vorübergehenden Anrechnung eingeführt, die es ermöglicht, die Anrechnung bis zu dem Besteuerungszeitraum aufzuschieben, in dem bestimmte Umstände eintreten, in jedem Fall aber innerhalb von zehn Jahren nach der Übergabe der Aktien oder Beteiligungen.
Schließlich wird eine besondere Bewertungsregel für Einkünfte aus Sachleistungen eingeführt, um den Wert der Anteile oder Beteiligungen zu klären, die den Arbeitnehmern von start-up- Unternehmen gewährt werden.
Um diese Form der Vergütung zu erleichtern, erlaubt Artikel 10 diesen Unternehmen die Ausgabe von eigenen Anteilen.

Drittens wird der Abzug für Investitionen in neue oder kürzlich gegründete Unternehmen erhöht, indem der Abzugssatz von 30 auf 50 Prozent und die maximale Bemessungsgrundlage von 60.000 auf 100.000 Euro angehoben wird.

Ebenso wird die Frist für die Zeichnung von Anteilen oder Beteiligungen im Allgemeinen von drei auf fünf Jahre, beginnend mit der Gründung des Unternehmens, und für bestimmte Kategorien von start-up-Unternehmen auf bis zu sieben Jahre verlängert.
Darüber hinaus können die Gründungsgesellschafter von Start-up-Unternehmen diesen Abzug unabhängig von ihrer prozentualen Beteiligung am Gesellschaftskapital des Unternehmens in Anspruch nehmen.

Steuern digitaler Nomaden in Spanien

Viertens wird der Zugang zur steuerlichen Sonderregelung für nach Spanien entsandte Arbeitnehmer, im Volksmund „Beckham-Regelung“ , verbessert, um ausländische Talente anzuziehen.
Insbesondere wird die Anzahl der Steuerzeiträume vor der Entsendung in das spanische Hoheitsgebiet, in denen der Steuerpflichtige nicht in Spanien steuerlich ansässig gewesen sein darf, von zehn auf fünf Jahre nach Umzug reduziert, was den Zugang zu dieser Regelung vereinfacht.
Darüber hinaus wird der subjektive Anwendungsbereich der Regelung ausgedehnt, indem sie auf Arbeitnehmer angewendet werden kann, die sich auf Anweisung des Arbeitgebers in das spanische Hoheitsgebiet begeben, um dort im Wege der Telearbeit unter ausschließlicher Verwendung von Computern, Telematik- und Telekommunikationssystemen zu arbeiten, sowie auf Geschäftsführer von neu gegründeten Unternehmen, und zwar unabhängig von ihrer prozentualen Beteiligung am Kapital des Unternehmens, sofern dieses nicht die Vermögensverwaltung zum Gegenstand hat.
Darüber hinaus wird das „Lex Beckham“, d.h. die Möglichkeit, für die Besteuerung des Einkommens als fiktiv beschränkt Steuerpflichtiger (Nicht-Residente/r) zu optieren, für die Kinder des/der Steuerpflichtigen unter 25 Jahren (oder unabhängig von ihrem Alter im Falle einer Behinderung) und deren Ehegatten oder, wenn keine eheliche Beziehung besteht, den Elternteil der Kinder eingeführt, sofern sie bestimmte Bedingungen erfüllen.

Und schließlich wird die steuerliche Einstufung von Vergütungen für die erfolgreiche Leitung von Risikokapitalgesellschaften (sog. Carried Interest) geregelt und eine besondere steuerliche Behandlung dieser Vergütungen im Einklang mit den Vorschriften der Nachbarländer Spaniens eingeführt, wodurch die Entwicklung von Risikokapital als besonders wichtiges Kanalisierungselement der Unternehmensfinanzierung gefördert wird; dies mit dem Ziel, Unternehmertum, Innovation und wirtschaftliche Aktivität zu fördern.

Die zweite Schlussbestimmung ändert das Gesetz über die Einkommenssteuer von Nichtansässigen, um klarzustellen, dass Einkünfte aus Sachleistungen, die von der persönlichen Einkommenssteuer befreit sind, auch unter der „Beckham-Regelung“ steuerbefreit werden.

Fazit Steuern digitaler Nomaden in Spanien

Der Begriff „digitale Nomaden“ wird vom Gesetzgeber mehrfach verwendet, bezeichnenderweise aber ausschließlich nur in der Präambel, nicht aber in den Gesetzesartikeln selbst.
Tatsächlich gibt es zwar mehrere Änderungen, es kommt aber bei Aufenthalten die über eine so genannte „workation“ in Spanien hinausgehen, lediglich zur Anwendung des Art. 93 LIRNR, des „Beckham-Gesetzes“, welches sich in dem oben aufgeführten Umfang ändert.
Mithin gelten keine besonderen Steuersätze für digitale Nomaden in Spanien. Jedwede andere Aussage ist effektheischend, die mehrfachen Erwähnungen des Begriffs digitaler Nomaden im Gesetz sind nicht mehr als Marketing der Politik.

©2023 Verfasser Steuern digitaler Nomaden Spanien: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

23. April 2023 von Frank Dieter Müller
Kategorien: Recht und Gesetz Spanien, Steuerrecht Spanien | Schlagwörter: , , , , | Kommentare deaktiviert für Steuern digitaler Nomaden