Formular 720
Formular 720 – Die Zukunft der Erklärung von Auslandsvermögen
Seit dem Jahr 2013 sind in Spanien unbeschränkt Steuerpflichtige verpflichtet, ihr nicht dort belegenes, mithin Auslandsvermögen in einer gesonderten Steuererklärung (Formular 720 – modelo 720- Erklärung Auslandsvermögen Spanien) anzugeben. Fristablauf ist der 31.03. eines jeden Jahres für das jeweilige Vorjahr.
In Spanien unbeschränkt Steuerpflichtige (Residente), die bereits in Vorjahren die Erklärung abgegeben haben, sind zur Erklärung des Auslandsvermögens mittels Formular 720 nur verpflichtet, sofern ihr Vermögen im Folgejahr einen Zuwachs von über 20.000,- Euro erfahren hat.
Im Rahmen der erstmaligen Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung im Formular 720 sind folgende Informationen erforderlich:
Für alle Aktiva:
- Beschreibung des Vermögens
- Datum des Erwerbs der jeweiligen Vermögensbestandteile
Für laufende Konten
- Identifikation (BIC, IBAN, Bankinstitut, Steuernummer im Land des Sitzes des Institutes)
- vollständige Anschrift (Sitz) des Institutes
- Saldo zum 31. Dezember des Vorjahres
- Durchschnittssaldo im letzten Quartal des Vorjahres
- Prozentsatz der Beteiligung am Konto
Für Wertpapiere
- Identifikation des ausgebenden Unternehmens (Steuernummer im Land des Sitzes)
- vollständige Anschrift (Sitz)
- Wert zum 31. Dezember des Vorjahres
- Anzahl/Nummer und Art des Wertpapiers (im Depot gebucht oder physisch vorhanden)
- Prozentsatz der Beteiligung an den Wertpapieren
Für Investmentfonds
- Identifikation des auflegenden Unternehmens (Steuernummer im Land des Sitzes)
- vollständige Anschrift (Sitz)
- Wert zum 31. Dezember
- Anzahl/Nummer und Art der Werte (mit oder ohne Buchung auf dem Konto des Inhabers)
- Prozentsatz der Beteiligung
Für Lebens- oder Invalidenversicherungen, befristete Pensionen oder auf Lebenszeit
- Identifikation des Versicherungsunternehmens (Steuernummer im Land des Sitzes)
- Vollständige Anschrift (Sitz) der Gesellschaft
- Wert zum 31. Dezember (Rückkauf oder Kapitalisierung)
- Prozentsatz der Beteiligung
Für Immobilien
- Vollständige Anschrift
- Wert zum 31. Dezember des Vorjahrs (Kataster oder Erwerbspreis)
- Prozentsatz der Beteiligung
Mithilfe der Erklärung im Formular 720 bezwecken die spanischen Finanzbehörden Information darüber zu erhalten, ob und bejahendenfalls welcher Art das Vermögen im Ausland ist, um auf diese Weise über die rein informatorische Erklärung Rückschlüsse über Auslandseinkünfte ihrer Steuerpflichtigen zu erhalten. Erstmalig ist die Erklärung abzugeben, sofern einer der vor genannten Vermögensbestandteile in einem Jahr den Wert von 50.000 € übersteigt. Bei Unterlassen der Erklärung drohen erhebliche Strafen.
Weiterhin sind mit der Erklärung Auslandsvermögen Spanien auch der Nießbrauch, das bloße Eigentum wie auch Gebrauchsrechte etc. zu erklären. Ebenso trifft eine Verpflichtung der Erklärung Kontoinhaber, Vertreter, Begünstigte, Bevollmächtigte oder reale Inhaber iSd. spanischen Geldwäschegesetzes, in dem Moment, in dem sie diese Eigenschaft verlieren.
Dem war ein Gesetzesentwurf des spanischen Ministerrats zum Kampf gegen den Steuerbetrug, konkret, „Vorprojekt eines Gesetzes zur Änderung der Gesetzgebung in Steuer und Haushaltsangelegenheiten und der Anpassung der Steuernormen zur Stärkung der Handlungen der Vorbeugung und Kampf gegen Betrug“ mit Datum vom 13.04.2012 vorangegangen.
Die entsprechenden Maßnahmen, verabschiedet mit dem Gesetz “Ley 7/2012, de 29 de octubre, de modificación de la normativa tributaria y presupuestaria y de adecuación de la normativa financiera para la intensificación de las actuaciones en la prevención y lucha contra el fraude” und veröffentlicht im spanischen Staatsanzeiger (Boletin Oficial de Estado), sind am 19.11.2012 in Kraft getreten.
Einer der Inhalte des Entwurfs war die Information über Auslandsvermögen oder –einkünfte, mithin die Einführung einer Neuerung im Rahmen der spanischen Abgabenordnung (Ley General Tributaria), welche in Spanien unbeschränkt Steuerpflichtige verpflichten sollte, über im Ausland gelegene Vermögen und Konten, Begünstigungen aus Lebensversicherungen, o.ä. zu informieren. Wesentlich dabei war, dass eine Änderung des Art. 39 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes (Ley del Impuesto sobre la Renta de las Personas Fisicas) der Steuerverwaltung den Weg eröffnete, bei Feststellung rechtswidrig nicht erfolgter Steuererklärungen über Vermögenswerte oder im Ausland gelegener Vermögensrechte oder Erträge, rückwirkend bis zum Zeitpunkt der Verjährung von deren Vorliegen auszugehen und die entsprechenden Steuern sowie ganz erhebliche Sanktionen und Zinsen festzusetzen.
Die Verordnung HAP/72/2013 vom 31.01.2013 war mit Veröffentlichung im spanischen Staatsanzeiger (BOE) verabschiedet und damit das Steuerformular 720 zur Erklärung von im Ausland belegenen Gütern und Rechten publiziert worden. Die entsprechende Verpflichtung zur Abgabe dieser Erklärung ergibt sich, nach vorheriger Änderung des königlichen Dekrets 1065/2007, aus den Bestimmungen des königlichem Dekrets 1558/2012 vom 15.11. (Erklärung Auslandsvermögen Spanien).
In 2015 beschäftigte ein Fall die Presse, in dem ein Pensionär freiwillig in der Schweiz belegenes Barvermögen erklärte und seitens der spanischen Finanzbehörde eine Sanktion iHv. 150% der fälligen Steuer, mithin über 250.000 Euro ausgesprochen worden war. Dies war einer, von einer Vielzahl der Prüfungsfälle, in welchen Auslandsvermögen unvollständig oder verspätet erklärt und mithin sanktioniert worden war.
Verschiedene Medien, Interessengruppen und Steuerberatervereinigungen reklamierten die Unverhältnismäßigkeit des Mittels als Solchem wie auch die der Höhe der Strafe im Vergleich zu anderen, aus sonstigen Steuererklärungspflichten folgenden Sanktionen.
Die spanische Finanzbehörde war bis dato davon ausgegangen, dass die Erklärung mittels Steuerformular 720 einen informativen, rein formalen Charakter habe, während die Einkommenssteuererklärung (Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas, IRPF) materieller und substantiver Natur sei. Mithin handele es sich um unterschiedliche Verpflichtungen und daher liege keine doppelte Bestrafung desselben Sachverhaltes vor. Daher könne parallel, einerseits aufgrund nicht erfolgter oder verspäteter Abgabe der informativen Erklärung über Auslandsvermögen und andererseits wegen nicht erklärtem Vermögenszuwachs sanktioniert werden.
Denn das Steuerformular “Modelo 720” hat im Rahmen von unvollständiger, falscher oder verspäteter (aufgrund oder ohne vorherige behördliche Aufforderung) Erklärung ein eigenes Sanktionsverfahren. Artikel 39.2 des Gesetzes „Ley 35/2006“ zur Einkommenssteuer qualifiziert andererseits, sofern der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass dies nicht mit erklärten Steuern oder nicht steuerpflichtigen Zeiträumen in Zusammenhang steht, die verspätete Abgabe der Erklärung Auslandsvermögen Spanien als nicht nachgewiesenen – und damit steuerpflichtigen – Vermögenszuwachs.
Wie zu erwarten, hatte die Europäische Kommission mit Datum vom 15.02.2017 rechtliche Schritte, mithin ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien eingeleitet. Mit diesen Verfahren, die verschiedene Sektoren und EU-Politikfelder betreffen, soll eine korrekte und vollständige Anwendung des EU-Rechts im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen gewährleistet werden.
Die Europäische Kommission hat dabei eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Spanien übermittelt, mit einer – gemäß Pressemitteilung – Aufforderung, seine Vorschriften über in anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaaten gehaltene Vermögenswerte („Modelo 720“) zu ändern. Die Kommission räumt ein, dass Spanien das Recht habe, Steuerpflichtige aufzufordern, den Behörden Informationen über bestimmte ausländische Vermögenswerte mitzuteilen, hält die Sanktionen bei Nichteinhaltung dieser Vorschriften allerdings für unverhältnismäßig. Da die Strafgelder viel höher sind als bei rein innerstaatlichen Vorgängen, könnten die Bestimmungen Unternehmen und Privatpersonen davon abhalten, grenzüberschreitend im Binnenmarkt zu investieren oder mobil zu sein. Daher seien die Vorschriften diskriminierend und stünden nicht im Einklang mit den Grundfreiheiten der EU.
Mangels fehlender, dem nachkommender Antwort seitens Spaniens, hätte die Kommission das Land an sich nach Ablauf von 2 Monaten beim Gerichtshof der Europäischen Union bereits verklagen können.
Zumindest im Rahmen der Beantwortung einer verbindlichen Anfrage zur Anwendbarkeit der Sanktion von 150 % bei verspäteter Abgabe der informativen Erklärung ohne vorherige Aufforderung seitens des Finanzamts, gab sodann, mit Datum vom 6.6.2017 die Generaldirektion für Steuern (Dirección General de Tributos), die bisherige Position auf.
Im Fall dieser verbindlichen Anfrage (Consulta Vinculante V1434/2017) hatte der Betroffene das Formular 720 verspätet erklärt und es lag ein im Rahmen der Einkommenssteuererklärung nicht nachgewiesener Vermögenszuwachs vor.
Die Generaldirektion führt in der Beantwortung dieser Anfrage aus, dass in diesem Fall nicht die Sanktion im Zusammenhang mit dem Formular 720 anzuwenden sei, sondern vielmehr die aufgrund verspäteter Abgabe ohne vorherige Aufforderung seitens des Finanzamts gemäß Art. 27 der spanischen Abgabenordnung (Ley General Tributaria).
In der Begründung dieser Entscheidung erkennt die Generaldirektion nunmehr, dass „eine koherente Interpretation der Norm im Sinne ihres Zieles und ihres Geists zum Schluss führe, dass die freiwillige Regulierung nicht nachgewiesenen Vermögenszuwachses seitens des Steuerpflichtigen die Nichtanwendung der Sanktion erlaube“.
Sinn der Normierung zur freiwilligen Regulierung von nicht erklärten Steuerschulden sei es mittels Nachtragserklärungen zuzulassen, die entsprechenden Selbstveranlagungen nachreichen zu können und damit dem Steueraufkommen zuzuführen, was daher vorrangig vor jedweder anderen Erklärung, unter anderem solcher rein informativen Charakters sei.
Auch der Tribunal Superior de Justicia Castilla y León hat mit Urteil vom 28.11.2018 (01073/2018) eine Strafe von 5.800,00 Euro als unverhältnismäßig angesehen und das Finanzamt in die Kosten verurteilt, nachdem ein Steuerpflichtiger unaufgefordert aber nicht fristgerecht sein Auslandsvermögen erklärt und das Finanzamt fast zwei Jahre nach Abgabe der Erklärung die Verspätung als sehr schweren Verstoß gewertet hatte.
Einer Aufforderung durch den Nationalen Gerichtshofs nachkommend, haben die spanischen Finanzbehörden nun im Dezember 2018 den Bericht der Europäischen Kommission vom 15. Februar 2017, mithin deren vollumfassende Stellungnahme veröffentlicht, nachdem bis dato nur eine kurze Pressemitteilung abgegeben worden war. Nach Auffassung der Europäischen Kommission ist die Erklärung zum einen unverhältnismäßig, da die Sanktionen unverhältnismäßig hoch im Vergleich zu solchen für die falsche oder ungenaue Meldung von Vermögenswerten die sich auf spanischem Staatsgebiet befinden, seien, zum anderen verfüge die Verwaltung über ausreichende Mittel zum Informationsaustausch mit den anderen Staaten. Dadurch werde der freie Verkehr von Personen, Arbeitnehmern und Kapitalen, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit, mithin die fünf elementaren Grundfreiheiten der EU verletzt.
Trotz dieses eindeutigen Votums wurde bislang von spanischer Seite weder das Gesetz abgeschafft, noch geändert oder aber die Höhe der Sanktionen verringert. Auch die EU-Kommission hat bislang kein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof eingereicht.
Aus spanischer Sicht ist nachvollziehbar, dass die zur Vermeidung des Steuerbetruges geschaffene Maßnahme so lange als möglich beibehalten wird. Damit zeigt der Staat politisch weiter Härte gegen Steuersünder und schafft gleichzeitig weitere Einnahmen.
Tatsächlich scheint eine freiwillige Aufgabe nicht im Raum zu stehen, so denn nun auch die Verpflichtung besteht, ebenso virtuelle Währungen in gleichem Maße zu erklären. Wenn auch bislang vertreten wurde, dass diesbezüglich es bereits am Terminus Ausland fehle und erst bei der Umwandlung in reale Währung eine Angabe bei der Erklärung des Auslandsvermögens erforderlich sei, so hat sich dies nun mit den Gesetzgebungsanpassungen für den Haushaltsplan geändert. Mit einem Vorprojekt “Anteproyecto de ley contra el fraude fiscal e Impuesto sobre las transacciones financieras” werden neue Verpflichtungen zur Angabe virtueller Währungen im In- und Ausland bestimmt.
Somit gilt auch für die Erklärung im Jahr 2019, keine Neuigkeiten bzgl. der Aufgabe der Verpflichtung zur Angabe der Vermögenswerte im Ausland mit dem Formular 720.
©2019 Verfasser Formular 720: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien) Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht