Kanzlei Frank Dieter Müller & Asociados

Steuerreform 2025

Steuerreform 2025 Deutschland – Neue Wegzugbesteuerung 

Gemäß Mitteilung der Bundesregierung vom 18.10.2024 habe sich in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts fachlicher Regelungsbedarf ergeben. Diesen setze die Bundesregierung mit dem Jahressteuergesetz 2024 um, was viele einzelne Regelungen, die thematisch nicht miteinander verbunden und überwiegend technisch seien, aber auch einige steuerliche Verbesserungen für Bürgerinnen und Bürger enthalte. Es reagiere auf aktuelle Erfordernisse, setze EU-Vorgaben und die Ergebnisse der Rechtsprechung um, regele fachliche Fragen und korrigiere redaktionelle Fehler. Außerdem vereinfache es steuerliche Regelungen und trage damit zum Abbau bürokratischer Hürden bei.

Das Jahressteuergesetz 2024 ändert mit etwa 130 Einzelmaßnahmen eine Vielzahl von Gesetzen durch das gesamte Steuerrecht.

Aus Sicht von Spanienauswanderern ist eine Verschärfung der Wegzugsbesteuerung zu beachten. Denn mit der Neuregelung soll die Besteuerung von Vermögenszuwächsen auf Investmentanteile und Anteile an Spezial-Investmentfonds nach dem Investmentsteuergesetz (InvStG) beim Wegzug aus Deutschland erweitert werden. Der Gesetzesentwurf wurde am 18.10.2024 im Bundestag angenommen, noch im November dem Bundesrat vorgelegt und am 02.12.2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Solche Vermögenszuwächse fielen bisher nicht unter den Sachverhalt der Wegzugsbesteuerung für Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 6 Abs. 1 Satz 1 AStG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG), da ein Anteil an einem Sondervermögen keinen Anteil im Sinne des § 17 EStG darstellt. Mithin kam es durch einen Wegzug des Investors nicht zu einer Wegzugs- oder Entstrickungsbesteuerung der in den Fondsanteilen enthaltenen stillen Reserven.

Diese Lücke wurde gemäß der Gesetzesbegründung in der Vergangenheit zur Steuervermeidung genutzt. Insbesondere Beteiligungen an Startups und generell jungen Unternehmen wurden im Hinblick auf einen möglichen oder geplanten späteren Wegzug früh mit dem Ziel der Vermeidung der Steuer auf Wertsteigerungen in Fonds eingelegt. Diese Lücke wurde mithilfe der gesetzlichen Mitteilungspflichten zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen nach §§ 138d ff. AO (DAC 6) festgestellt.

2. Steuerreform 2025 Wegzugsbesteuerung

Als Steuerentstrickung wird ein Vorgang bezeichnet, bei dem stille Reserven, also nicht aufgedeckte Vermögenszuwächse eines Wirtschaftsguts, das der Besteuerung des deutschen Finanzamts entzogen werden soll, aufgedeckt werden, also eine Neubewertung und Feststellung des tatsächlichen Werts erfolgen.
Dieser Entzug erfolgt regelmäßig im Rahmen des Wegzugs eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft oder durch Verlagern von Betriebsvermögen ins Ausland.
Da in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen, so auch im deutsch-spanischen Doppelbesteuerungsabkommen, das Besteuerungsrecht am Gewinn aus einem Verkauf dem Wohnsitzstaat zusteht, soll in diesen Fällen verhindert werden, dass das Besteuerungsrecht dem Wegzugsland zugunsten des Zuzugslands verloren gehen könnte. Damit es dadurch nicht zum Abschluss oder einer Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts kommt, wird eine Veräußerung oder Überlassung des Wirtschaftsguts zum gemeinen Wert fingiert (vgl. § 12 KöStG, 4 Absatz 1 Satz 5, § 4g und § 15 Abs. 1a EinkStG), es kommt zur Wegzugsteuer.

Verlegt eine natürliche Person, die eine in- oder ausländische Beteiligung i.S.d. § 17 EStG hält, also Anteile an einer Kapitalgesellschaft (Aktien, Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genussscheine oder andere Beteiligungen und Anwartschaften auf solche Beteiligungen) im Privatvermögen, ihren Wohnsitz ins Ausland, kommt eine fingierte Veräußerung und Abschlussbesteuerung nach § 6 AStG in Betracht. Bei Wegzug eines Betriebs kann es zu einer fingierten Betriebsaufgabe bei Betriebs- und Teilbetriebsverlagerung ins Ausland gem. § 16 Abs. 3a EStG kommen.
Der steuerliche Wegzug juristischer Personen kommt durch Verlegung von Sitz und Ort der Geschäftsleitung oder durch Hinausverschmelzung in Betracht (vgl. §§ 2, 123 Abs. 1 und 2 des Umwandlungsgesetzes oder vergleichbare ausländische Vorgänge sowie des Artikels 17 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 und des Artikels 19 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003).
Eine Abschlussbesteuerung kann grds. in beiden Fällen nur dann vermieden werden, wenn das deutsche Besteuerungsrecht erhalten bleibt (Grds. der Verhaftung stiller Reserven).

Bislang war es Wegziehenden möglich, die Wegzugsbesteuerung des § 6 AStG zu umgehen, indem sie bspw. zuvor Beteiligungen in Fonds einlegten. Dies war ein häufig gewählter Weg von Spanienauswanderern.

Die Wegzugsbesteuerung erfasst dabei nicht nur den tatsächlichen Wegzug aus Deutschland, sondern auch die Verlagerung des Lebensmittelpunktes unter Aufrechterhaltung eines deutschen Wohnsitzes ins Ausland, sowie Schenkungen oder Vererbung von Beteiligungen an im Ausland steuerlich Ansässige. Dies kann bei hohen stillen Reserven und gebundenem Vermögen, mangels notwendiger Liquidität zur Steuerzahlung höchst problematisch und zum Hindernis eines Wegzugs werden.

3. Steuerreform 2025

Gemäß dem Jahressteuergesetz 2024 (s. Bundestagsdrucksache 20/13419 S. 62 ff.) wird mit der Änderung des § 19 Abs. 3 InvStG, zuletzt durch Artikel 25 des Gesetzes vom 27. März 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 108) geändert, die steuerliche Behandlung von Investmenterträgen modifiziert und damit die Wegzugsteuer verschärft. Ins Ausland Wegziehende sollen demgemäß  künftig auch Erträge aus bestimmten Investmentfonds direkt zu versteuern haben.

Nach veröffentlichter Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss), vom 16.10.2024 zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung des Jahressteuergesetz 2024 ( JStG 2024) sollte die Wegzugsbesteuerung auf Anteile an Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds erweitert werden.

Die Modifizierung soll dem deutschen Finanzamt ermöglichen, Gestaltungen vor Umzug zuvorzukommen und sicherzustellen, die stillen Reserven von in inländische und ausländische Fonds eingelegten privaten Vermögenswerte bei einem Wegzug ins Ausland besteuern zu können. Gleich der Regelung des § 6 AStG soll eine fiktive Veräußerung der Investmentanteile fingiert werden können, soweit die natürliche Person die Voraussetzungen der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 6 Abs. 2 AStG erfüllt und die Investmentanteile unmittelbar oder mittelbar, z. B. über eine Holding im Privatvermögen hält. Dementsprechend gelten die Anteile entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG in dem Moment als veräußert, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland endet und die Investmentanteile unentgeltlich auf eine in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person übertragen werden oder das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland aus sonstigen Gründen beschränkt oder ausgeschlossen wird.

Allerdings muss dabei, ähnlich § 17 EStG, ein bestimmter Umfang der Beteiligung vorliegen. Gem. dem neuen Abs. 3 des § 19 müssen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Veräußerungsfiktion mindestens 1 Prozent der Investmentanteile eines Investmentfonds gehalten werden oder alternativ die Anschaffungskosten einer jeden Beteiligung mindestens 500.000 Euro betragen haben.
Für Beteiligungen von Privaten an Spezial-Investmentfonds bestimmt Abs. 5 generell die Veräußerungsfiktion.
Damit geht die Wegzugsbesteuerung bei Investmentanteilen über die Wegzugsbesteuerung bei Beteiligungen an Gesellschaften nach § 6 AStG i. V. m. § 17 EStG hinaus.
Die Neuregelung verweist auf § 6 Abs. 2 bis 5 AStG und damit auf die Stundungs- und Rückkehrregelungen für Wegziehende.

4. EuGH-Rechtsprechung zur Wegzugsbesteuerung

Das EuGH-Urteil „Hughes de Lasteyrie du Saillant“ zwingt die nationalen Gesetzgeber dazu, das System der Wegzugsteuer und der Sicherung der im Wegzugsland gebildeten stillen Reserven an das Europarecht anzupassen. Infolge einer erheblichen Einschränkung der beruflichen und unternehmerischen Mobilität in der EU bestünde ansonsten das Risiko einer künftigen Kassation und die Verpflichtung zur Rückzahlung erhobener Wegzugsteuer.

5. Fazit Steuerreform 2025:

Es bleibt abzuwarten, ob die Neuregelung als „Ersatzrealisationstatbestand“ qualifiziert wird wie die Bestimmungen der §§ 11, 12 KStG, § 6 AStG oder § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG, die ausschließlich an den (Wohn-) Sitzwechsel des Steuersubjektes für die Steuerpflicht anknüpfen oder als Regulierung steuerlicher Missbrauchstatbestände.

Denn grds. verstößt eine Besteuerung von stillen Reserven nicht in jedem Fall gegen EU-Recht, da die Nationalstaaten nicht daran gehindert sind, stille Reserven in ihrem Hoheitsgebiet zu besteuern, solange und soweit sie dabei den europarechtlichen Rahmen berücksichtigen (Art. 43, 48 EGV).

©2024 Verfasser Steuerreform 2025: Frank Müller, Rechtsanwalt und Abogado (Rechtsanwalt Spanien), Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

03. Januar 2025 von Frank Dieter Müller
Kategorien: Berichte aus Spanien u. EU, Steuerrecht Spanien | Schlagwörter: , , , , , , , , | Kommentare deaktiviert für Steuerreform 2025